Chris Ares – RechtsRap straight outta Niederbayern

Als Christoph Zloch alias Chris Ares im September 2022 ein Video auf Instagram hochlädt, jubeln seine Fans – denn zum ersten Mal seit knapp zwei Jahren veröffentlichte er einige gerappte Zeilen. Statt in einem Tonstudio sitzt der bekannteste extrem rechte Rapper dabei in der Wohnung seiner Freundin in Bad Abbach (Lkr. Kelheim) nicht weit von Regensburg, denn dort hat Zloch seit einiger Zeit seinen Lebensmittelpunkt.

Chapter 1: 2020 – das Jahr des Christoph Zloch?

Dass der rechte Rapper überhaupt wieder etwas veröffentlicht, kommt für viele überraschend. Zloch gab im September 2020 via Telegram seinen Rückzug aus der Szene sowie als Musiker bekannt. Auch das hatte zu diesem Zeitpunkt viele überrascht. Als Grund gab Zloch an, dass er sich „verändern wird, bzw. verändert hat“ und deshalb das Kapitel Chris Ares schließen wolle. Mit dieser inhaltslosen Floskel verschwand er von der Bildfläche. Die Auslöser dafür dürften aber auf der Hand liegen: Es lief 2020 einfach richtig scheiße für ihn.

Sein Traum, als erfolgreicher Rapper Charterfolgen zu feiern, zerplatzte wie eine Seifenblase. Dabei arbeitete er die Jahre zuvor stark daran, baute mit zwei anderen rechten Rappern das Netzwerk „Neuer Deutscher Standard“ (NDS) auf und sammelte als rechter Influencer eine beachtliche Followerschaft. In Zusammenarbeit mit dem neurechten Label Arcadi Musik nutzte er 2019 diverse Streamingdienste und Plattformen, um eine breitere Kundschaft zu erreichen. Kurzfristig konnte er tatsächlich einen Charterfolg feiern, in diversen Download-Charts gelangte er – mit eigentlich alten Liedern – in die Top 10. Möglich gemacht hatten dies vor allem seine extrem rechten Fans. Zudem steht der Vorwurf im Raum, dass Zloch/ Arcadi Musik Klicks bzw. Downloads selbst gekauft habe.

2020 rief Zloch dann das Jahr des „Heimat Raps“ aus und kündigte an, seine erstes – seit Jahren versprochenes – Album zu veröffentlichen. Mit seiner massiven Selbstüberschätzung wollte er das „Rap-Game übernehmen“ und auf Platz 1 der Charts landen. Dafür musste er zwangsläufig auch Alben über Amazon verkaufen, doch nach Protesten nahm der Onlinehändler das Album kurz vorm Release aus dem Sortiment. Auch andere Streamingdienste löschten Zlochs Accounts wegen seiner extrem rechten Ausrichtung. So war der Kauf des Albums außerhalb von Szeneversänden nicht mehr möglich – ein herber Rückschlag für Zloch. Auch YouTube löschte Mitte August 2020 seinen Account mit über 70.000 Abonnent:innen.

Doch nicht nur mit der Musik lief es nicht so rund, auch seine Pläne, im sächsischen Bautzen eine rechte Siedlung sowie ein rechtes Jugendzentrum mit Kampfsportschule aufzubauen, scheiterten. Mit viel Getöse zog er zwar vom Münchner Landkreis mit Akteuren von NDS und anderen Neonazis in den Landkreis Bautzen. Bei München hatte Zloch einige Jahre in einer extrem rechten Wohngemeinschaft, zusammen mit PEGIDA-Akteuren und dem verurteilen Mörder Richard Günter Wegner alias Rick Wegner bzw. Richard Houdershell gewohnt. Entgegen der neuen Pläne entstand die Siedlung im Landkreis Bautzen jedoch nicht, vielmehr ließ man sich in einem heruntergekommenen Haus in Weifa nieder. Auch ein rechtes Jugendzentrum konnte Zloch nicht etablieren. Zusammen mit Akteuren der neonazistischen Szene aus dem Landkreis Bautzen entstand in den Räumen des extrem rechten Modelabels Isegrim Fashion lediglich ein Tattoo-Studio, dessen Mitinhaber Zloch war. Im Landkreis Bautzen kam es außerdem zu zivilgesellschaftlichem Protest und antifaschistischen Interventionen gegen Zlochs Pläne. Ein ungestörtes Leben und vor allem politische Agitation waren für ihn (auch dort) somit nicht mehr möglich.

All das war wohl Grund genug, dass der 1992 geborenen Zloch nach sechs Jahren als „Chris Ares“ seinen Rückzug bekannt gab. Mit seinem inhaltslosen Statement auf Telegram begannen auch die Spekulationen inner- und außerhalb der extremen Rechten: Ist Zloch aus der Szene ausgestiegen und hat er mit seinem Weltbild gebrochen?

Die Mär vom Ausstieg

Zlochs Songtexte sind geprägt von einem extrem rechten Weltbild, von Formen des Antisemitismus, antimuslimischem Rassismus sowie Antiamerikanismus, garniert mit verschwörungsideologischen Schlagwörtern. Deutschland, „Heimat“ und „das Eigene“ werden glorifiziert und mythisch aufgeladen, es dominiert ein exklusiver und völkischer Heimatbegriff. Migrant:innen bezeichnet er schon mal als Schweine und stellt sie als Invasoren dar. Immer wieder beruft er sich auf das rassistische und antisemitische Konzept des „großen Austauschs“, das in allen Spektren der extremen Rechten bis hin zum Rechtsterrorismus vorkommt. Auch Bezüge zum historischen Nationalsozialismus, etwa Verherrlichung der Wehrmacht, sind bei ihm zu finden.

Organisatorisch bewegte sich Zloch überwiegend im neurechten Milieu. Er gründete in Bayern das Bündnis Deutscher Patrioten (BDP) mit, das auch mit den Akteuren von PEGIDA und der neonazistischen Partei Die Rechte eng vernetzt war. Als die Identitäre Bewegung (IB) sich in Bayern zusehends formierte, war Zloch ebenfalls in deren Umfeld aktiv. In dieser Zeit buchte ihn auch die AfD als Liveact für Kundgebungen, zu denen Zloch aber aufgrund von depressiven Phasen nur selten kam. Am Rande einer AfD-Wahlparty im Jahr 2016 attackierte der (u.a. wegen Fahrerflucht, Diebstahl, Verleumdung, übler Nachrede sowie wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz) mehrfach vorbestrafte Kampfsportler eine antifaschistische Demonstration sowie Journalist:innen. Nicht das erste Mal das Zloch im Kontext von Versammlungen aggressiv agierte.

Daneben war Zloch vor allem im Social-Media-Bereich aktiv, agierte dort als rechter Influencer und verbreitete seine extrem rechte Ideologie. Zum Beispiel verherrlichte er die neonazistischen Ausschreitungen in Chemnitz im Jahr 2018 und rief dabei auch zur Gewalt gegen Migrant:innen auf. Aufgrund seiner Aktivitäten erhielt er 2019 vom extrem rechten „Compact-Magazin“ den Preis „Held des Widerstandes“, Martin Sellner von der IB Österreich sprach dabei die Laudatio.

Zloch war also in der Vergangenheit maßgeblich nicht nur Rapper (hierbei hat er auch relativ wenig Songs veröffentlicht), sondern vor allem ein Akteur der extremen Rechten. Von einer Distanzierung seiner Ideologie oder seinen politischen Aktivitäten liest man in seinem Abschiedsstatement nichts:

„Ich habe, in den fast 6 Jahren meiner politischen- sowie musikalischen Laufbahn, viel gelernt und an mir entdeckt. Ich habe sehr viele Fehler gemacht, ich habe sehr viel richtig gemacht. Nicht einen Tag von dem, was ich erlebte, möchte ich missen. Alles, was passierte, ließ mich zu dem werden, der ich heute bin. Dieser kontinuierliche Fluss brachte mich näher zu mir“.

Auch auf Instagram schreibt er im Herbst 2022: „Wenn man sagt, das man neue Wege geht, distanziert man sich nicht. Man verrät auch nichts und niemanden. Man geht einfach andere Wege.“ Es handelte sich zu keinem Zeitpunkt um einen sogenannten Ausstieg, sondern vielmehr um eine längere Pause.

Chapter 2: Neue Wege mit alten Kameraden

Dass Zloch nicht mit der extrem Rechten gebrochen hatte, zeigte sich auch an seinem neuesten Video „Zurück / Boyka“, das er im November 2022 erneut als Chris Ares auf YouTube veröffentlichte. Das ausschließlich in Isny, der Ort an dem Zloch aufgewachsen war, gedrehte Video zeigt laut ihm Freunde, die der seit „dem Sandkasten“ kennt, darunter auch den Neonazi Patrick Groß. Dieser war 2021 Telegram-Admin und ein Hauptakteur eines rechtsterroristischen Ablegers der „Atomwaffen Division“ mit dem Namen „Division Sankt Michael“, dessen interner Telegramchat war voll von neonazistischen Inhalten und Mordaufrufen. Das Ziel dieser Gruppe war es vor allem minderjährige Neonazis für den bewaffneten Kampf zu gewinnen. Für eine militärische Ausbildung wollte Groß dabei den Kontakt zum neonazistischen ukrainischen Regiment Asow herstellen.

Inhaltlich vermittelt das Lied „Boyka“ von Chris Ares allerdings den von ihm vermeintlich beschrittenen „neuen Weg“. Es ist kaum unterscheidbar von Mainstreamrap, den Zloch noch bis 2020 massiv ablehnte. Ein Kommentar eines enttäuschten extrem rechten Fans bringt es auf den Punkt: „Für unpolitisches Autotune gefotze höre ich mir einfach Radio an“. Andere hoffen auf ein Comeback mit politischem Rap wie bis 2020. Mit eher apolitischen Songs bis weichgespülter Sozialkritik könnte Zloch auch Aufmerksamkeit und neues Publikum im Rapbereich suchen.

Neu in Zlochs Leben ist auch die Beziehung mit Anja Künzl, Versicherungskauffrau bei der Telis Finanz AG. Er zog in ihre Wohnung in die Goethestraße in Bad Abbach ein, erwarb parallel dazu den Meisterbrief im Kaminkehrer-Handwerk in Oberbayern. Die 30-Jährigen Künzl stört sich offensichtlich nicht an Zlochs rechter Einstellung. Bei gemeinsamen Spaziergängen in Regensburg trägt Zloch immer wieder Klamotten von Neonazislabels (darunter Isegrim-Fashion und Label23/ Boxing Connection). Auch im Videodreh zu „Boyka“ war Künzl involviert.

Dabei steht die 30 Jährige selbst nebenberuflich vor der Kamera als Model, so etwa für eine Regensburger Brauerei (Anmerkung: diese hat nach unserer Veröffentlichung die Bilder gelöscht).  Gemeinsam betreibt sie mit Zloch auch das kleine Fotografieunternehmen mit dem Namen „Foto.mit.Liebe“ und bietet „Familien-/Paarfotos & Hochzeitsfoto-/Videografie“ an. Auf der Instagramseite des Fotoprojekts sind bis jetzt Fotos von Künzl, Urlaubsfotos der beiden aus Tirol und Bilder von Bekannten und Freuden von Zloch.

Fazit

Über Zlochs Abschiedsstatement 2020 und die Hintergründe wurde viel spekuliert. Eine Distanzierung von extrem rechter Ideologie oder ein sogenannter Szeneausstieg war es nie, vielmehr ein Rückzug ins Private inklusive Umzug in den Großraum Regensburg. Die Unterstützung von seinem aus Neonazis bestehenden Freundeskreis sowie das öffentliche Tragen neonazistischer Marken bestätigen noch einmal, dass Zloch nach wie vor Teil der extremen Rechten ist. Dass er weiterhin die Öffentlichkeit sucht und Songs ankündigt und veröffentlicht, trotz Rückzug ins Private, dürfte vor allem an seinem narzistischen Geltungsdrang liegen.

anita f. // März 2023