Gegen jeden Antisemitismus!

An diesem Donnerstag gehen in Regensburg Menschen unter dem Motto „Free Palestine“ auf die Straße, um gegen die „Unterdrückung von Palästina“ zu demonstrieren. Die Sichtweise der Organisator:innen scheint uns weder faktenbasiert noch Ergebnis einer politischen Analyse. Schlimmer noch: Über den Instagram-Account „arabsrbg“, der für die Demo wirbt, wird auch israelbezogener Antisemitismus verbreitet. Als Antifaschist:innen nehmen wir die Demo in unserer Stadt zum Anlass, uns nochmals und deutlich gegen jeden Antisemitismus und solidarisch mit Israel zu positionieren. Zudem fordern wir, wer für die Verbesserung der Lebensverhältnisse in Gaza eintritt, muss sich gegen die Hamas stellen.

Gegen jeden Antisemitismus!

Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Israel werden seit knapp zwei Wochen bundesweit vermeintliche „Friedens-“ und „Free Palestine“-Demonstrationen veranstaltet. All zu häufig handelt es sich hierbei um aggressive Aufmärsche, in denen unverhohlen antisemitisch gehetzt wird und in deren Kontext Gegendemonstrant:innen und als jüdisch identifizierte Menschen bedroht und angegriffen werden. Teil der deutschlandweit stattfindenden Demos sind nicht nur IslamistInnen und Hamas-Fans sondern auch türkischen FaschistInnen und Grauen Wölfen.

2014 fanden zwei derartige Demos in Regensburg statt. Bereits damals haben wir diese antiisraelische Hassaufmärsche mit teils antisemitischen Inhalten benannt und uns dagegen positioniert. Es kam – alleine durch den Anblick einer Israelfahne „provoziert“ – zu Angriffen auf die antifaschistische (Gegen-)Kundgebung und es wurden Parolen wie „Kahrolsun Israel“ („Nieder mit Israel“) und „Marg bar Israel“ („Tod Israels“) gerufen. Deutlicher können die Antisemit:innen kaum machen, dass es ihnen nicht um Frieden und eine Lösung des Konflikts geht.

Auch bei der aktuellen Mobilisierung zur „Free Palestine“-Demonstration lässt sich diese Tendenz erkennen. Das Instagram-Profilbild von „arabsrgb“ zeigt die Umrisse des israelischen Kernlands sowie der palästinensischen Autonomiegebiete, die komplett mit der Kufiya, dem palästinensischen Erkennungszeichen, ausgefüllt ist. Ein Storybild zeigt zudem mit den selben Umrissen, die al-Aqsa-Moschee, sowie eine Person mit der Palästinafahnen. Die Bedeutung der Symbolik ist klar antisemitisch: Anstelle des israelischen Staates soll ein palästinensischer stehen – einen jüdischen Staat soll es nicht geben. Israel aber ist als Schutzraum für Juden und Jüdinnen vor dem weltweit grassierenden Antisemitismus unbedingt notwendig. Für uns als Antifaschist:innen ist das Absprechen dieses Existenzrechts nicht hinnehmbar.

Ähnlich wie in den vergangen Jahren wird besonders emotional auf Kinder unter den Opfern hingewiesen. Nicht selten lautet die Behauptung, israelische Soldat:innen würden aus Hass auf Palästinenser:innen und bösartigen Motiven morden. Solche Vorwürfe sind eine kaum verhohlene Neuauflage der an die antijudaistischen Ritualmordlegende, laut der Juden christliche Kinder für religiöse Rituale töten würden. Davon, dass die palästinensische Hamas tatsächlich Zivilist:innen, darunter auch Kinder, als menschliche Schutzschilde in der militärischen Auseinandersetzung benutzt, wird dann gekonnt geschwiegen.

Als Rahmenprogramm der heutigen „Free Palestine“ Kundgebung sollen auch mehrere Schweigeminute für sogenannte „Märtyer“ abgehalten werden. Es steht zu befürchten, dass Hamas-Kämpfer:innen hiervon nicht ausgenommen sind. Anstatt ehrlich aller unschuldigen Opfer zu gedenken, werden Zivilist:innen ebenso wie hochrangige Hamas-Kämpfer unterschiedslos als Helden, die im Kampf gegen ihren Feind Israel gestorben sind, verehrt.

Um sich von den offenkundig antisemitischen Inhalte freizusprechen, behaupten die Organisator:innen auf Instagram, sie hätten nichts gegen Juden, nur gegen Zionisten. Doch Antizionismus ist nichts weiter als die heute gesellschaftsfähigste Form des Antisemitismus, „Zionist“ gilt auch im verschwörungsideologischen Antisemitismus als unverhohlene Chiffre für „Juden“.

Free Gaza…

Systematisch wird in dem Konflikt Israel die Schuld gegeben, ihm „Apartheid“ und andere Verbrechen vorgeworfen und – auch im Instagramprofil „arabsrgb“ – die „systematische Auslöschung“ des „palästinensischen Volks“ unterstellt. Neben der Relativierung der Shoah mit dem Vorwurf, Israel würde heute einen Genozid verüben, wie er an den Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus verübt wurde, zeigt sich hier eine ideologische verfärbte Parteinahme im Nahostkonflikt.

Die Kriegsrolle der islamistischen Hamas, die bis 2017 in ihrer Charta die Vernichtung aller jüdischen Menschen weltweit forderte, wird zumeist komplett ausgeklammert. Doch dabei ist es gerade die Hamas, die in Gaza mit eiserner Hand regiert, die in den Fokus der Kritik geraten muss.

In den letzten 10 Tagen wurden aus dem Gaza-Gebiet über 4000 Raketen in Richtung Israel abgefeuert, die die israelische Zivilbevölkerung terrorisieren. Ohne das Raketenabwehrprogramm „Iron Dome“, für das Israel Milliarden ausgibt, wären wahrscheinlich Opfer im vierstelligen Bereich zu beklagen. Was vielfach ausgeblendet wird, ist die Tatsache, dass Raketen der Hamas auch im Gazagebiet als „friendly fire“ einschlagen und dabei palästinensische Zivilisten zu Tode kommen.

Israel reagiert auf den massiven Beschuss mit militärische Maßnahmen wie Luftangriffen. Diese können in Ausmaß, Zielgerichtetheit und Wirkung natürlich immer kritisch hinterfragt werden. Die Frage, welche anderen Optionen Israel hat, die Angriffe aus dem Gazastreifen zu unterbinden, bleibt offen.

Die Zivilist:innen sind wahrlich die, die das größte Leid zu tragen haben. Entgegen der Propaganda vom „zionistischen“ Massaker an der Zivilbevölkerung benutzt die Hamas, genau wie die libanesische Hisbollah 2006, die Bevölkerung gezielt als Schutzschild. Hierbei werden Moscheen in Waffenlager verwandelt und die DschihadistInnen missbrauchen Wohn- und Bürohäuser, Schulen oder Kliniken als Raketenabschussbasen. Bei den Bombenangriffen der israelischen Armee kommen deshalb auch immer wieder Zivilist:innen ums Leben.

In den letzten Jahren haben die IslamistInnen zudem Milliarden in den Ausbau von militärischen Tunnel und eines Raketenarsenal gesteckt. Für Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung im Gazagebiet, etwa Bunker und Schutzräume, Krankenhäuser oder ein Gesundheitssystem, bleibgt nichts übrig. Auch Geld für humanitäre Hilfe wird von der Hamas für Terror missbraucht. Große Teile der Bevölkerung in Gaza leben in bitterer Armut, hochrangige Hamas-Mitglieder jedoch besitzen Millionen.

Doch will die Hamas überhaupt eine Verbesserung für „ihre“ Bevölkerung? Arme als auch tote Palästinenser:innen kann die Hamas besser medial verkaufen, den Staat Israel als dessen vermeintlichen Schuldigen besser stigmatisieren und die eigene Herrschaft über das Gebiet besser legitimieren. Die aktuellen Kämpfe werden das Leid der Bewohner:innen von Gaza sicher noch verschlimmern, die Blockaden von Israel und Ägypten bestimmt nicht gelockert und die wirtschaftliche Aussichten sich nicht verbessern. Durch die Angriffe der Hamas wird auch eine militärische Überwachung durch Israel definitiv nicht gestoppt. Schlichtweg bleibt es bei einem beschissenen Status Quo.

…from Hamas!

Trotzdem regt sich kaum Widerstand aus der palästinensischen Bevölkerung gegen die Hamas-Regierung, Protest gegen Raketenbeschuss und zivile Schutzschilder wird selten vernommen, soziale Kämpfe bleiben aus. Dies geschieht entweder aus Angst vor der eigenen Regierung oder dem internalisierten Hass auf Israel.

Überhaupt ist die Hamas nicht zimperlich, was Kritik an ihr oder ihrem Führungsstil betrifft. Denn ganz im Sinne des Islamismus geht sie gegen all das vor, wofür wir als Antifaschist:innen eintreten. So wird pluralistisches Denken mit gnadenloser Unterdrückung und Folter bestraft, Homosexuelle und Transgender werden umgebracht, Frauen werden elementare Rechte verwehrt. Sozialen Proteste – wie etwa der „Gaza Youth Movement“ – im Keim erstickt, Aktivist:innen für ein friedliches Leben mit Jüd:innen und Israelis eintreten verfolgt.

Somit steht für uns fest: Wer für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse in Gaza und eine wirklich friedliche Lösung des Nahostkonflikts eintreten will, sollte sich zuerst für die Befreiung des Gazastreifens von der Herrschaft der Hamas einsetzen. Denn solange IslamistInnen die Bevölkerung Gazas und Israels terrorisieren, solange Antisemitismus das bestimmende Motiv des Konflikts im Nahen Osten ist, wird es keinen Frieden in der Region geben können. Die Forderung muss lauten: „Free Gaza from Hamas!“.

anita f. // Mai 2021