Die Regensburger AfD – Kreisverband im Dauertief

Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren mobilisiert die extrem rechte Partei „Alternative für Deutschland“ am 14. August 2021 zu einer Kundgebung in Regensburg. Stattfinden soll diese ab 14 Uhr am Dultplatz. Die letzte öffentliche Mobilisierung war im November 2019, dort machte die AfD-Landtagsfraktion mit ihrer widerlich rassistischen Kampagne „Sichere Städte statt Sichere Häfen“ in der Altstadt halt. Der letzte Auftritt des Regensburger Kreisverbandes liegt bis auf einen winzigen Infostand am Tag vor der Kommunalwahl 2020 sogar noch weiter zurück.

Heute präsentiert sich die AfD stolz und „normal“ mit ihrem „Spitzen-Kandidaten“ für die Bundestagswahl im September, als hätte es die rassistischen Ausfälle, die extrem rechten bzw. oftmals auch neonazistischen Vorstandsmitglieder, die peinlichen Misserfolge und internen Querelen der letzten Jahre nie gegeben. Für uns ein Anlass, die Geschichte des Kreisverbands der letzten Jahre nochmal aufzurollen. Denn sie ist eng mit ihrem diesjährigen Direktkandidaten Dieter Arnold verbunden.

Pleiten, Pech und Pannen – 8 Jahre AfD in Regensburg

Der AfD Kreisverband Regensburg wurde 2013 gegründet und hatte es von Beginn an schwer. Die extrem rechte Partei konnte kaum Räume für ihre Veranstaltungen finden, ihre „Stammtische“ konnte sie nicht öffentlich bewerben, zu ihren Kundgebungen kamen in den letzten Jahren ein Vielfaches an Gegendemonstrant:innen. Immer wieder wurde durch antifaschistische Recherche bekannt, dass Mitglieder des Kreisverbandes in der extremen Rechten verankert sind und so das Selbstbild als „Partei der Mitte“ als Lüge entlarvt wurde. Solche Misserfolge haben nicht nur die Motivation der AfDler geschwächt, sondern auch nicht selten zu internen Streitigkeiten geführt. Mit jeder neuen Vorstandswahl sollte die Pechsträhne beendet werden. Doch jedes Mal ging es genau so weiter wie vorher.

Auch der letzte Versuch von 2019, die AfD Regensburg mit einem neuen Vorsitzenden neu aufzustellen, ist mittlerweile gescheitert. Erhard Brucker sollte den zerstrittenen Kreisverband wieder handlungsfähig machen. Brucker war bereits vor seiner Zeit bei der AfD als extrem rechter Aktivist bekannt. Regelmäßig sprach er als Redner bei PEGIDA in München und Nürnberg und trat für die islamfeindliche und rassistische „Bürgerbewegung Pax Europa“ auf. Parteipolitisch hatte er sich für die mittlerweile nicht mehr existente extrem rechte Partei „Die Freiheit“ engagiert.

Geändert hat sich an den Misserfolgen der AfD auch unter Brucker nichts. Resigniert gab der Kreisverband auf seiner Webseite zu: „Politische Veranstaltungen öffentlich zu machen ist aufgrund des Linken Terrors in und außerhalb der Stadt Regensburg nicht möglich“ und kündigte an: „Auch werden wir auf Infostände verzichten.“ Geduldige Aufklärungsarbeit und konsequente antifaschistische Intervention haben also maßgeblich dazu beigetragen, dass die AfD in Regensburg so geschwächt wurde.

Ihr einziger Erfolg der letzten Jahre hatte nichts mit der Personalie Brucker zu tun, sondern einfach mit dem Turnus der Kommunalwahl: 2020 erlangte die AfD zwei Mandate für den Stadtrat und vier für den Kreistag. Seither ist es auch die Aufgabe solcher kommunaler Gremien, sich antifaschistisch zu positionieren und Rechten wie Brucker und seinem Stadtratskollegen Thomas Straub jede Zusammenarbeit zu verwehren.

Doch wen hatte Brucker eigentlich als Vorsitzenden abgelöst? Wer hatte die AfD zuvor in so einem zerstrittenen, desolaten und handlungsunfähigen Zustand hinterlassen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir noch weiter zurückgehen.

Hey Arnold! Hetze, Rassismus…

2017 und 2018 war Dieter Arnold Vorsitzender des Kreisverband Regensburg. Zu dieser Phase war der Ortsverband schon lange nicht mehr „gemäßigt“. Die regionalen Mitglieder wählten 2018 einstimmig den Neofaschisten Benjamin Nolte zum Landtagskandidaten für die Stadt Regensburg. Nolte war Mitglied der extrem rechten Burschenschaft Danubia und hatte einige Jahre zuvor zusammen mit Münchner Neonazis an einem Neonaziaufmarsch in Dresden teilgenommen.

Entsprechend der faschistischen Ausrichtung ihres Direktkandidaten wurde im Juni 2018 in Lappersdorf eine „Flügel“-Veranstaltung mit dem Neonazi Björn Höcke organisiert. Die Veranstaltung wurde vom Kreisverband unter Arnolds Leitung explizit begrüßt. Im September 2018 lud er Erhard Brucker für den Vortrag „Was ist der Islam und warum ist er nicht vereinbar mit der abendländischen Kultur und Demokratie?“ ein. Brucker war damals noch kein AfD Mitglied, sondern trat für die Organisation „Bürgerbewegung Pax Europa“ auf. Mit Faschisten hatte Arnold also noch nie ein Problem.

Arnold war aber auch selbst bei extrem rechten Kundgebungen in Regensburg involviert, darunter zwei mit Bezug zum Neubau der DITIB-Moschee im Stadtosten. Auf der ersten im März 2018 trat Arnold neben verschiedenen „Flügel“-AkteurInnen als Redner auf. In seiner Rede vermischte er in rassistischer Manier die Themenkomplexe Migration, Gewalt und Terrorismus und sprach sich verklausuliert gegen eine freie Religionsausübung aus. Im Publikum waren etliche Personen der extremen Rechten anwesend, auf großen Bannern stand „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ und „DITIB Moschee verhindern“. Auf der Versammlung wurde in vielfacher Hinsicht der Islam als Religion pauschal abgelehnt und Muslimen das Recht auf ihren persönlichen Glauben abgesprochen. Um eine berechtigte und notwendige Kritik an den Verflechtungen des faschistischen Erdogan-Regimes mit DITIB in Deutschland und um eine Kritik an der Diskriminierung kurdischer, armenischer, homosexueller oder jüdischer Menschen ging es dem rassistischen Haufen auf diesen Kundgebungen an keiner Stelle. Die zweite Versammlung fand in unmittelbarer Nähe beim Spatenstich der Moschee selbst statt. Sie war explizit gegen den Bau der Moschee gerichtet; Arnold war dort mit einem Wahlkampfbus vor Ort.

Zum Thema Moscheebau verbreitete die Regensburger AfD auch Fake-News im Internet, indem sie eine Fotomontage verbreitete in der das Minarett der geplanten Moschee den Regensburger Dom meterweit überragt. Zu dieser Zeit bekam die Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer tausende Spam- und Drohmails. Die Süddeutsche Zeitung schrieb der Regensburger AfD damals eine Mitschuld zu.

All diese Dinge passierten während Arnolds Vorstandschaft und machen ihn deshalb verantwortlich für den Rassismus den seine Partei 2018 verbreitet hat. Auf Arnold folgte 2019 dann Brucker als Vorsitzender.

… und Aluhut

Mit der Coronapandemie breitete sich auch in Deutschland eine verschwörungsideologische Bewegung aus. Auch in Regensburg erhielt diese massiven Zulauf, unterschiedliche Gruppen und Strukturen bildeten sich heraus. Darunter unter anderem ein regionaler Ableger von „Querdenken“ der unterschiedliche Aktionsformen durchführte. So zum Beispiel eine Demonstration mit dem Titel „Schweigemarsch“, an der Verschwörungsgläubige, Corona-Leugner:innen und Personen der extremen Rechten zehn Kilometer durch Regensburg gingen. Darunter auch der AfD-Funktionär Dieter Arnold in vorderster Reihe.

Als Redner trat er darüber hinaus immer wieder bei den Versammlungen von „Freiheit für Schwandorf“ auf. Auch diese Organisation ist Teil der verschwörungsideologischen Bewegung in der Oberpfalz, angeführt vom Schwandorfer AfDler Reinhard Mixl. Dort sprach Arnold davon, dass wir nur noch eine „gefühlte Demokratie“ hätten und bediente damit die im Corona-Verschwörungsmilieu gängige Rede einer „Corona-Diktatur“.

Arnold – Der Direktkandidat ohne Listenplatz?

Im Mai 2021 wurde Arnold dann wieder zum Vorsitzenden des Kreisverband Regensburg und auch gleich zum Direktkandidaten für den Bundestag gewählt. Mit seiner Erfahrung im Kreisverband Regensburg und seiner Verankerung in den verschwörungsideologischen Corona-Protesten in der Oberpfalz soll er der extrem rechten Partei Stimmen bringen. Dass Arnold einen Sicherheitsdienst in Lappersdorf führt, könnte bei einer Zielgruppe aus Reservisten, Soldaten, Polizei und ähnlichen Bereichen gut ankommen. Seine Inszenierung als mittelständischer Unternehmer fügt sich in das Parteiprogramm der AfD, das vorgibt, für die „kleinen Leute“ einzustehen und gleichzeitig massive Verschlechterungen für Geringverdienende und sozial Schwache bedeutet. Doch inwieweit es Arnold überhaupt ernst ist, im Bundestag zu sitzen zeigte sich bei der Wahlaufstellung der Listenplätze der bayrischen AfD. Dort trat Arnold nicht an, ganz im Gegenzug zu Erhard Brucker. Auch wenn letzterer zwar von seinen eigenen bayrischen ParteikameradInnen nicht gewählt wurde, zeigte sich das Konzept der Regensburger AfD. Als Direktkandidaten eine scheinbar nicht in der extremen Rechten einschlägig bekannte Person aufstellen, um sich als sogenannte „Partei der Mitte“ zu positionieren, hintenherum aber über die Landesliste – die weitaus wichtiger und aussichtsreicher ist – eine Person der extremen Rechten zu platzieren.

Antifa wirkt!

Was also dagegen tun? Die großen Demonstrationen gegen die AfD und die vielen Fehlschläge der extrem rechten Partei haben gezeigt: zivilgesellschaftlicher Protest wirkt. Zum einen müssen wir durch antifaschistische Recherche den Rechten genau auf die Finger schauen, ihre rassistischen, antisemitischen, homophoben und sexistischen Weltbilder öffentlich machen und sie als Teil einer organisierten und gefährlichen extremen Rechten in Deutschland kenntlich machen. Zum anderen müssen Arnold, Brucker und Co. die Deutungshoheit im Internet und auf der Straße streitig und damit auch ihnen ihr rechter Aktivismus so unangenehm wie möglich gemacht werden. Hierfür braucht es eine geschlossene Zivilgesellschaft und den Einsatz von Vielen.

anita f. – August 2021