Fight the Reactionary!
Gegen Rassismus, Nationalismus und Islamismus
Im Jahr 2009 riefen die Neonazis unter Willi Wiener in Regensburg zu einer Demonstration unter dem Motto „Widerstand jetzt! Gegen Moscheebau und Islamisierung!“ auf. Heute ist es die extrem rechte Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), die anlässlich des anstehenden Baus einer Ditib Moschee mit ihrem als Islamkritik getarnten Rassismus hausiert.
„Ausländer raus!“ in neuem Gewand
Wenn die AfD sich auf angebliche „westliche Werte“ oder „unsere Kultur“ bezieht, tut sie das nicht, weil ihr aufklärerische Ideen wie individuelle Freiheit oder selbstständiges Denken tatsächlich etwas Wert wären. Sie tut es aus einer moralischen Überheblichkeit und in der völkisch begründeten Überzeugung, von den richtigen, besseren Vorfahren abzustammen. Nicht das einzelne Subjekt ist für sie von Bedeutung, sondern das völkisch begründete Kollektiv. Rechte Hetze und Hass treffen Türk_innen und Kurd_innen, neu angekommene Geflüchtete und Einwandererfamilien in der dritten Generation, Jihadisten und Säkulare gleichermaßen. Die AfD hat also in erster Linie kein Problem mit dem Islam, sondern mit Migrant_innen, die für sie nicht zum deutschen Kollektiv gehören. Sie kollektivieren die Einzelnen unter dem Label „Muslim“ mit einer rassistischen Zuschreibung. Durch die Verknüpfung von unveränderlichen Persönlichkeitsmerkmalen mit der religiösen und politischen Prägung des Herkunftslandes machen die Rechten den Islam konzeptuell zu einer Rasse.
Strategisch dient ihnen durch das permanente Aufgreifen des Motivs das Setzen ihrer Narrative. Sie instrumentalisieren die aktuell weltweit verbreiteten islamistischen Bestrebungen für die Durchsetzung ihrer eigenen Ziele. Der Übergang zwischen einer notwendigen Kritik an islamistischer Praxis und der rassistischen Hetze soll verschleiert werden. Um dabei massenkompatible zu sein, verfolgen sie systematisch die Strategie, aufeinander aufbauende Feindbilder zu setzen. Sind es am Anfang die islamistischen Muslime die abgelehnt werden, sind es jedoch bald alle Menschen, denen ein muslimischer Glaube unterstellt wird, gefolgt von allen Migrant_innen. Langsam wird der eigentliche Kern sichbar, der wie immer ruft: „Alle Ausländer raus!“. So sollen die Angriffe auf Migrant_innen bis hin zu brutalen Mordanschlägen legitimiert und langfristig der Weg zu einer imaginierten völkischen Einheit geebnet werden.
Solidarität muss praktisch werden!
Der Moscheenverband Ditib untersteht dem Präsidium für religiöse Angelegenheiten der Türkei, das zum Ministerpräsidentenamt gehört und damit der Kontrolle der AKP und Erdogans ausgesetzt ist. Im vergangenen Jahr baute Erdogan mit einer Verfassungsänderung zum Präsidialsystem seine Macht bedeutend aus. Der immer stärker autoritär geführte Staat verfolgt Journalist_innen und andere Kritiker_innen dieser Entwicklung. Ideologisch verfolgen Erdogan und seine Anhängerschaft einen türkischen Nationalismus. Sie sehen sich in der Tradition des Osmanischen Reiches und streben in völkischer Manier nach einer Vereinigung des weltweiten Türkentums. Mit einem spezifisch türkischen Staatsislam wird dieser autoritäre Führungsstil legitimiert und ein Einfallstor für fundamentalistische Ideologien im Ausland geschaffen. In Ditib Moscheen wird der Völkermord an den Armeniern geleugnet und für den militärischen Sieg der türkischen Armee im kurdischen Afrin gebetet. Gegen diesen türkischen Nationalismus anzukämpfen, kann nicht nur Sache unserer migrantischen Genossinnen und Genossen sein. Es ist die Aufgabe von uns allen, die verschärften Verhältnisse in der Türkei und die Gefahren des autoritären Umbaus klar zu benennen.
Die Waffen der Kritik schärfen
Als radikale Linke ist es an uns, eine konsequente Religionskritik und darüber hinaus eine Kritik des politischen Islam zu schärfen. Ein Antifaschismus, der über die Bekämpfung des Reaktionären hinausgeht und eine Emanzipation aller Menschen anstrebt, muss Dogmatismus und Irrationalismus ablehnen. Andererseits ist das Individuum selbst frei, sein Leben auch nach irrsinnigen Prinzipien auszurichten. Bekommt Religion jedoch eine sozio-kulturelle Komponente, wird sie zur Gesellschaftsordnung. Dieser gesellschaftsstrukturierende Wirkung drückt sich in rigorosen Vorschriften für den Alltag und gesteigert bis hin zu mörderischem Terror gegen „Ungläubige“ aus. Sie ist nicht als persönliche Verirrung zu individualisieren und erst recht nicht als positiv-identitätsstiftende Eigenschaft kulturalistisch aufzuladen. Als unterdrückerische Ideologie, der auf einem patriarchalen Ehrenkodex, Racketstrukturen und Antisemitismus fußt, muss der Islamismus bekämpft werden. Er steht dem, was wir als radikale Linke anstreben, auf allen Ebenen entgegen.
Der Feind meines Feindes ist nicht mein Freund
Antifaschismus kann nicht bedeuten, immer nur das Gegenteil dessen zu vertreten, was von Rechts kommt. Dieser Reflex kann keine wirkliche Gesellschaftsanalyse ersetzen, weil sie begrifflich und konzeptionell nicht über den von Rechts abgesteckten Rahmen hinauskommen kann, in dem es nur schwarz und weiß, uns und die anderen gibt. Wer nach der simplen Freund-Feind-Logik handelt, hat die Prämissen von Rechts implizit schon akzeptiert. Vielmehr geht es darum, einen umfassend kritischen Blick zu entwickeln, der Islamismus und Nazismus als zwei Seiten der selben Medaille begreift. Gemeinsam sind ihnen die autoritäre Tendenz, die Ablehnung von Freiheit und Pluralismus sowie die Verschiedenheit aller Menschen. Björn Höcke sagte bei einer Rede 2016: „Der Islam ist nicht mein Feind. Unser größter Feind ist die Dekadenz.“ Islamismus und Nazismus sehen beide das eigene natürliche Kollektiv in einem permanenten Abwehrkampf gegen die Moderne, Individualismus und Vielschichtigkeit und sehen in ihnen einen drohenden Verfall. Das Nicht-Begreifen einer komplexen und widersprüchlichen Welt führt in beiden Fällen zu einer brandgefährlichen Ideologie. Projiziert auf reale Personen entladen sie sich in Hass und Gewalt.
Die AfD spricht sich also nicht gegen Ditib aus, weil sie ein Problem hätte mit einem autoritären Führungsstil oder der Repression, die Andersdenkende in der Türkei täglich unterdrücken und bedrohen, wie zuletzt die rassistischen Aussagen nach der Entlassung des in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel zeigten. Die Wuschvorstellung der AfD ist der Form nach die gleiche. Anstelle des islamischen Türkentums setzen sie lediglich die deutsche Volksgemeinschaft.
Geht your fight on!
Die notwendige Kritik an Ditib und dem türkischen Nationalismus sowie Islamismus dürfen wir nicht den Rechten überlassen, die sie rassistisch instrumentalisieren. Als Antifaschistinnen und Antifaschisten stehen wir konsequent gegen jede Form von rechter Ideologie. 2009 schlossen Regensburger Antifaschist_innen einen Aufruf gegen die NPD Kundgebung mit folgenden Worten, die wir heute wiederholen: „Die Emanzipation des Menschen ist also nur gegen die Rekrutierung im Namen von christlichem Abendland sowie Islamismus zu haben. Jeglicher Ideologie, die dem Individuum die Möglichkeit verwehrt, sich gegen als natürlich gesetzte Werte zu entscheiden, ist der Kampf anzusagen.“
Für uns gilt daher:
Die AfD Kundgebung zum Desaster machen! Gegen Rassismus und Nationalismus!
Auf die Straße gehen gegen reaktionäre Verbände! Gegen Islamismus!
Für einen konsequenten Antifaschismus!
anita f. – 2018