Vom 28. bis 31. Juli 2024 organisierte der oberbayerische AfD-Bundestagsabgeordnete Rainer Rothfuß eine „Jugendfahrt ins politische Berlin“. Alle „politisch aufgeschlossenen und motivierten junge Leute von 14-35 Jahren“ waren eingeladen ein „spannendes Programm, Austausch unter Gleichgesinnten und beste Laune direkt zu Beginn der Sommerferien in Berlin“ zu genießen.
Neben Rainer Rothfuß sollte auch dessen Mitarbeiterin, die extrem rechte Augsburger AfD-Bezirksrätin Gabriele Mailbeck, die Reise begleiten.
Mit von der Partei war die 34-jährige Carina Schießl, Schatzmeisterin der AfD Regensburg. Sie posierte auf Fotos neben Gabriele Mailbeck im Reisebus und publizierte zahlreiche Bilder und Impressionen der Berlinreise auf ihren Social Media Auftritten. Bilder ihrer Mitreisenden mied Schießl dabei offensichtlich in ihren Veröffentlichungen. Der Grund offenbart sich, bei Betrachtung von Gabriele Mailbecks Reisefotoalbum.
Unter den insgesamt ca. 30 Teilnehmenden der Jugend-Reisegruppe fand sich die halbe Truppe der „Identitären Bewegung Bayern“. Darunter die zentralen IB-AkteurInnen aus Oberbayern und Schwaben, Anni Hünnecke, Robin Mengele und Max aka „Aux Partisan“. Noch in der in der Vorwoche waren diese als prägende AkteurInnen bei der „Remigrationsdemo“ der IB in Wien unterwegs gewesen. Teils am Fronttransparent der Demo, als Demonstrierende in zweiter und dritter Reihe oder als Foto- und VideodokumentatorInnen des rechtsextremen Aufmarsches.
Ein Gruppenbild der ReiseteilnehmerInnen zeigt Schießl, Mailbeck, Rotfuß und die IB AktivistInnen mit den anderen BesucherInnen gemeinsam auf einem Bild. Ansonsten zeigen so gut wie alle von Mailbeck publizierten Reisebilder ausschließlich (in verschiedenen Konstellationen) sie selbst, Rainer Rotfuß und die Hand voll bayerischer IB-AktivistInnen. Ein gemeinsames Gruppenbild von Mailbeck, Rothfuß und der Gruppe der IB Bayern AktivistInnen unter den Fahrteilnehmenden kommentiert Mailbeck mit „Unsere Jugend-BPA-Fahrt war ein voller Erfolg! Was für wunderbare, schlaue junge Menschen! Unsere Herzen sind wieder vollgetankt, nicht nur mit Liebe, sondern auch mit noch mehr Motivation, unser Leben unserem Volk und unserem Land zu widmen. Gott segne uns und Gott segne Deutschland und seinen Nachwuchs!“ (Instagram)
Auf dem nächsten Slide ihrer Instagramstory bewirbt Mailbeck schließlich die neue Instagram-Seite der IB Schwaben (Reconquista21) mit den Worten „Wir unterstützen diejenigen, die für unser Land bluten: @reconquista21_“ . Die unzählige Fotos der Reiseleitung mit den IB Bayern Aktivist:innen, die immer wieder als „Posterboys und –girls“ der „politischen Jugendfahrt“ inszeniert wurden, sowie der ganz offensichtlich vertraute Umgang untereinander, legt das starkes Nahverhältnis von Partei und Vorfeld offen.
Die mit pathetischen Kommentaren und Herzchen-Emojis bedachten Instagramstorys zur „Jugendpolitischen Fahrt nach Berlin“ dokumentieren weiterhin das Programm der Reise.
Die Reisegruppe der extrem rechten Partei besuchte u.a. die Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen (ehem. Stasi-Gefängnis), den Fernsehturm Berlin und die Capital Beach Berlin (wo angeblich zeitgleich ein JA Stammtisch stattfand und sich in unmittelbarer Nähe eine Messerstecherei ereignete, was Mailbeck mit den Worten „Unkontrollierte Migration tötet! Wir haben es satt und fordern millionenfache Remigration jetzt!“ auf Instagram kommentierte). Außerdem ließ sich die Gruppe durch den Bundestag führen und lauschte einem Podium (u.a. mit Maxilian Krah) auf dem Ulrich Siegesmund den BesucherInnen von der unbedingt notwendigen Solidarität innerhalb der extremen Rechten überzeugte und davon, dass Distanzierungen der Partei und der Sache schaden. Keine überraschende Haltung, hatte Siegmund doch seine Stelle als Alice Weidels persönlicher Referent als auch sein Mandat im Landtag Sachsen-Anhalt verloren, nachdem das Recherchenetzwerks Correctiv Siegmund als Teilnehmer eines geheimen Treffens am 25. November 2023 im Landhaus Adlon in Potsdam mit Teilnehmern der Neuen Rechten, darunter dem österreichischen Neonazi Martin Sellner, entlarvt hatte. Siegmund soll dort um Direktspenden zur Wahlkampffinanzierung geworben haben.
Besonders verwundern dürfte jedoch der Besuch teils amtsbekannter RechtsextremistInnen in der Reisegruppe einer extrem rechten Partei in der Chinesischen Botschaft in Berlin. Und dies kurz nachdem der AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl, Maximilian Krah, in die Schlagzeilen geriet, da er laut Medienrecherchen über seinen Mitarbeiter Jian G. chinesisches Geld erhalten haben. Der entsprechende Mitarbeiter sitzt außerdem inzwischen wegen möglicher Spionage für China in U-Haft. Doch noch im Januar 2024 hatte Rainer Rothfuß, MdB als Referent einer Vortragsveranstaltung zur geopolitischen Situation bei der AfD Regensburg damit geprahlt, dass er bei der chinesischen Botschaft in Berlin ein und ausgehe.