Nach über zweieinhalb Jahren versucht der extrem rechte Akteur Michael Stürzenberger mal wieder mit der Organisation „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE) in Regensburg eine Kundgebung abzuhalten. Am Freitag, den 20. November, will er ab 12:00 mit einem Infostand am Haidplatz stehen, mit Passant_innen diskutieren und Videomaterial für YouTube generieren.
Die letzten Kundgebung mit Stürzenberger in Regensburg floppte. Er hatte keinen Kontakt mit Passant_innen und zusammen mit dem Kundgebungsleiter Erhard Brucker (AfD Regensburg) erreichte er vor Ort nur knapp 15 Menschen, die überwiegen aus Oberbayern und Mittelfranken angereist waren. Deutlich mehr Breitenwirkung hatte dagegen der Livestream des anwesenden PEGIDA Aktivisten aus Fürth Gernot Tegetmeyer. Auf dieses Publikum setzt Stürzenberger. Seine Taktik ist es, anwesende Passant_innen und auch Gegendemonstrant_innen in einem (Streit-)Gespräch lächerlich zu machen und sich selbst zum Sieger der Diskussion zu erheben. Dabei sind oftmals nicht die Argumente entscheidend, sondern Stürzenbergers aggressive Rhetorik. Daher gilt natürlich auch an diesem Tag: Kein Debatte mit der extremen Rechten! Akteure wie Stürzenberger wollen den vermeintlichen „Dialog“, wir bieten ihm das nicht!
Immer wieder Kontaktpunkte zum Rechtsterrorismus
Die BPE ist auch international vernetzt. So fuhren Stürzenberger, Brucker und andere im August 2012 zu einer sogenannten Counter-Jihad-Konferenz ins schwedische Stockholm. Dort traf sich ein Spektrum extrem rechter Akteure, u. a. auch der wegen Gewaltverbrechen vorbestrafte Gründer der „English Defence League (EDL)“ Tommy Robinson (Stephen Yaxley Lennon). Die EDL entstand aus einem Netzwerk rechter Hooligans, 2010 standen zudem Mitglieder der EDL unter Terrorverdacht. In der Vergangenheit nahmen an Demonstrationen der EDL Neonazis von „Combat 18“ teil. Auch der Attentäter Anders Breivik, der 2011 in Norwegen 77 Menschen erschoss, bezog sich in seinem Manifest auf die die EDL und die Counter-Jihad-Bewegung . Bei der Kundgebung der Counter-Jihad-Konferenz am 12. August 2012 in Stockholm hing die Fahne der EDL auf der Rednerbühne, Stürzenberger trat als Redner auf und Brucker war im Publikum.
Neben seine Aktivitäten als Redner (u.A. bei PEGIDA, HOGESA, AfD, etc.) ist Stürzenberger in das Medienprojekt „PI News“, einer der größten extrem rechten Blogs in Deutschland, eingebunden. Dort betreibten unterschiedliche Personen Rassismus, Nationalismus und auch eine Art von Feindmarkierung: Der getöteten CDU-Politiker Walther Lübcke wurde in PI News- Artikeln mehrmals als „Volksverräter“ bezeichnet und seine persönlichen Daten veröffentlicht.
Eine weitere Person aus dem Umfeld von Stürzenberger und PI-News Autor ist der Landshuter Ex-Polizist Hermann Stöckl. In einem laufenden Verfahren wird er beschuldigt, Drohschreiben unter dem Label „NSU 2.0“ verschickt zu haben. Bei einer Hausdurchsuchung in diesem Jahr fand die Polizei illegale scharfe Waffen.
„Ausländer raus!“ in neuem Gewand
Wenn Akteure wie Stürzenberger oder Brucker sich in ihren medial inszenierten „Diskussionen“ auf angebliche „westliche Werte“ oder „unsere Kultur“ beziehen, tun sie das nicht, weil ihnen aufklärerische Ideen wie individuelle Freiheit oder selbstständiges Denken tatsächlich etwas Wert wären. Sie tun es aus einer moralischen Überheblichkeit und in der völkisch begründeten Überzeugung, von den richtigen, besseren Vorfahren abzustammen. Nicht das einzelne Subjekt ist für sie von Bedeutung, sondern das völkisch begründete Kollektiv. Rechte Hetze und Hass treffen Türk_innen und Kurd_innen, neu angekommene Geflüchtete und Einwandererfamilien in der dritten Generation, Jihadisten und Säkulare gleichermaßen. Sie haben also in erster Linie kein Problem mit dem Islam, sondern mit Migrant_innen, die für sie nicht zum deutschen Kollektiv gehören. Sie kollektivieren die Einzelnen unter dem Label „Muslim“ mit einer rassistischen Zuschreibung. Durch die Verknüpfung von unveränderlichen Persönlichkeitsmerkmalen mit der religiösen und politischen Prägung des Herkunftslandes machen die Rechten den Islam konzeptuell zu einer Rasse.
Strategisch dient ihnen durch das permanente Aufgreifen des Motivs das Setzen ihrer Narrative. Sie instrumentalisieren die aktuell weltweit verbreiteten islamistischen Bestrebungen für die Durchsetzung ihrer eigenen Ziele. Der Übergang zwischen einer notwendigen Kritik an islamistischer Praxis und seinen Wurzeln und der rassistischen Hetze soll verschleiert werden. Um dabei massenkompatible zu sein, verfolgen sie systematisch die Strategie, aufeinander aufbauende Feindbilder zu setzen. Sind es am Anfang die islamistischen Muslime die abgelehnt werden, sind es jedoch bald alle Menschen, denen ein muslimischer Glaube unterstellt wird, gefolgt von allen Migrant_innen. Langsam wird der eigentliche Kern sichtbar, der wie immer ruft: „Alle Ausländer raus!“.
Für einen konsequenten Antifaschismus
Als radikale Linke ist es an uns, eine konsequente Religionskritik und darüber hinaus eine Kritik des politischen Islam zu schärfen. Ein Antifaschismus, der über die Bekämpfung des Reaktionären hinausgeht und eine Emanzipation aller Menschen anstrebt, muss Dogmatismus und Irrationalismus ablehnen. Andererseits ist das Individuum selbst frei, sein Leben auch nach irrsinnigen Prinzipien auszurichten. Bekommt Religion jedoch eine sozio-kulturelle Komponente, wird sie zur Gesellschaftsordnung. Dieser gesellschaftsstrukturierende Wirkung drückt sich in rigorosen Vorschriften für den Alltag und gesteigert bis hin zu mörderischem Terror gegen „Ungläubige“ aus. Sie ist nicht als persönliche Verirrung zu individualisieren und erst recht nicht als positiv-identitätsstiftende Eigenschaft kulturalistisch aufzuladen. Als unterdrückerische Ideologie, der auf einem patriarchalen Ehrenkodex, Racketstrukturen und Antisemitismus fußt, muss der Islamismus bekämpft werden. Er steht dem, was wir als radikale Linke anstreben, auf allen Ebenen entgegen.
Der Feind meines Feindes ist nicht mein Freund
Antifaschismus kann nicht bedeuten, immer nur das Gegenteil dessen zu vertreten, was von Rechts kommt. Dieser Reflex kann keine wirkliche Gesellschaftsanalyse ersetzen, weil sie begrifflich und konzeptionell nicht über den von Rechts abgesteckten Rahmen hinauskommen kann, in dem es nur schwarz und weiß, uns und die anderen gibt. Wer nach der simplen Freund-Feind-Logik handelt, hat die Prämissen von Rechts implizit schon akzeptiert. Vielmehr geht es darum, einen umfassend kritischen Blick zu entwickeln, der Islamismus und Nazismus als zwei Seiten der selben Medaille begreift. Gemeinsam sind ihnen die autoritäre Tendenz, die Ablehnung von Freiheit und Pluralismus sowie die Verschiedenheit aller Menschen. Björn Höcke sagte bei einer Rede 2016: „Der Islam ist nicht mein Feind. Unser größter Feind ist die Dekadenz.“ Islamismus und Nazismus sehen beide das eigene natürliche Kollektiv in einem permanenten Abwehrkampf gegen die Moderne, Individualismus und Vielschichtigkeit und sehen in ihnen einen drohenden Verfall. Das Nicht-Begreifen einer komplexen und widersprüchlichen Welt führt in beiden Fällen zu einer brandgefährlichen Ideologie. Projiziert auf reale Personen entladen sie sich in Hass und Gewalt.
Geht your fight on!
Die notwendige Kritik am Islamismus dürfen wir nicht den Rechten überlassen, die sie rassistisch instrumentalisieren. Als Antifaschistinnen und Antifaschisten stehen wir konsequent gegen jede Form von Unterdrückung. Jeglicher Ideologie, die dem Individuum die Möglichkeit verwehrt, sich gegen als natürlich gesetzte Werte zu entscheiden, ist der Kampf anzusagen. Die Emanzipation des Menschen ist also nur gegen die Rekrutierung im Namen von christlichem Abendland sowie Islamismus zu haben – und damit auch ganz explizit gegen Stürzenberger, Brucker und ihre „Bürgerbewegung Pax Europa“.