31.07.2016 // Redebeitrag bei der Demonstration „no deportation nowhere“

Seit Monaten verschiebt sich der gesellschaftliche Diskurs immer weiter nach rechts. Spätestens seit dem „Sommer der Migration“ treten rechte StichwortgeberInnen immer selbstbewusster an die Öffentlichkeit und reden davon, sie dürften nicht sagen, was sie sagen, da sie vom „links-grün-versifften“ Mainstream unterdrückt würden.

Dass in Deutschland keineswegs von einem linken Mainstream die Rede sein kann, dürfte dabei gerade für uns als radikale Linke offensichtlich sein. Stattdessen haben wir hierzulande die Situation eines strukturell rassistischen neoliberalen Grenzregimes, das sich nach außen als „Willkommensweltmeister“ darstellt, de facto jedoch die Reste des Grundrechts auf Asyl durch die wahnsinnige Logik der „sicheren Herkunftsländer“, Abschiebezentren wie in Bamberg und Manching und eine perfide Nützlichkeitslogik abschafft. Angetrieben wird diese Spirale der Unmenschlichkeit von einem Mob auf der Straße sowie im Netz. Der besorgte Mob pöbelt, die Regierung verschärft Gesetze, der Mob fühlt sich bestätigt, und von vorne. Die Resultate sind in einem Falle tausende tote Menschen an den Grenzen Europas und im anderen Falle militante Rechte, die sich in ihrem Hass bestätigt fühlen und vermeintliche Migrant*innen und politische Gegner*innen einschüchtern und angreifen.

Als wäre das nicht schon genug, hat sich begonnen ein rechtes Hegemonieprojekt zu etablieren. Verbunden durch reaktionäre Ideologien wie Rassismus, Nationalismus, Antifeminismus und teilweise antisemitisches Gedankengut scheint es als hätte die Alternative für Deutschland ihren Platz als „das wird man ja noch sagen dürfen“-Partei in der gesellschaftlichen Mitte gefunden. Es spielt hierbei anscheinend für die „kleinen Bürger*innen“, als deren Freund sich die Partei versucht zu inszenieren, keine Rolle, dass das eigentliche Parteiprogramm mit neoliberalen Ansätzen durchsetzt ist, die für das angesprochene Klientel eigentlich nicht erstrebenswert sind. Auch vermag es die anhaltend hohe Skandaldichte in der Parteispitze nicht, das „besorgte Bürgertum“ zu verschrecken. Vielmehr scheint es vielen Leuten egal zu sein, ob die Partei den Klimawandel leugnet oder die Sozialabgaben kürzen will, solange sie nur keine, in deren Sprech „Ausländer und Asylanten“ ins Land lässt. In Bayern ist die Partei weniger erfolgreich als in anderen Bundesländern, was jedoch zum größten Teil daran liegen dürfte, dass die CSU ihr Stammklientel nicht verlieren will und sich somit von der AfD und dem Mob auf der Straße noch weiter nach rechts treiben lässt, was man an dem widerlich rassistischen sog. Integrationsgesetz, den menschenverachtenden Abschiebelagern in Bamberg und Manching und dem pöbelnden Stammtischrechtspopulismus à la Seehofer und Scheurer sehen kann.

Doch die Alternative für Deutschland ist nur Teil eines größeren gesellschaftlichen Bündnisses, das von RechtsauslegerInnen der CDU über neurechte Zeitungen und Verläge, der Pegida-Bewegung, Hooligans und rechten Blogs bzw. Facebookseiten bis hin zu militanten Neonazis reicht. Diese Bewegung hat sich vordergründig dem Kampf gegen den Islamismus verschrieben, doch arbeitet dieses zusammenhanglose Bündnis mal mehr mal weniger an einem Konzept, dass eine völkisch- deutsche Volksgemeinschaft propagiert, die eine Segregation und Exklusion von vielen Menschen bedeutet. Ideologien wie Rassismus und Nationalismus breiten sich aus. Auch an Teilen der Linkspartei, den Grünen und natürlich der Sozialdemokratie geht diese Entwicklung nicht vorbei.

Auch im Rest Europas liegt Nationalismus hoch im Kurs, viele Menschen sehen die Europäische Union als gescheitert an und streben nationale Lösungen in ihren jeweiligen Staaten an. Beispiele hierfür gibt es genug: ob in Frankreich, Österreich, Ungarn, Belgien, den Niederlanden, überall dort sitzen einflussreiche rechte AgitatorInnen und HetzerInnen, welche den starken Nationalstaat als einzig gangbaren Weg propagieren. Aber auch linkspopulistische Parteien wie Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien agieren für nationalstaatliche Lösungen und gegen die EU. Mindestens mitverantwortlich dafür ist wiederum die hauptsächlich von Deutschland vorangetriebene Austeritätspolitik, die im Endeffekt soziale Konflikte während der Krise aus Deutschland ferngehalten und die Misere in Form von Arbeitslosigkeit und Privatisierungen zu den Verlierer*innen eben dieser Krise geschoben hat.

Wir als radikale Linke finden uns in einem Kampf mit dem Rücken zur Wand wieder, sodass im Augenblick ein Abwehrkampf gegen eine weitere Barbarisierung der Gesellschaft stattfindet und eigene Positionen oft zu kurz kommen. Es muss uns gelingen, uns aktiv in soziale Kämpfe einzubringen, seien es Geflüchtetenproteste oder Arbeitskämpfe. Leicht wird das sicher nicht, aber Alternativen dazu werden sich wahrscheinlich auch nicht auftun, denn die emanzipatorische Gesellschaft wird nicht von allein auftauchen.

Mit dem Kampf bzw. dem scheinbaren Kampf der rechte Bewegung gegen den Islamismus, der ein weiteres großes rechtes Hegemonieprojekt unserer Zeit darstellt und dementsprechend starke strukturelle Parallelen zum neurechten Gedankengut aufweist, bleiben wir allzu oft in den klassischen Mustern verfangen. Es ist ein Spannungsverhältnis zwischen Rassismus und Islamismus entstanden, das Linke nur selten richtig auflösen: Beides als ihre aktuelle Gegenbewegungen und damit beides als ihr Problem zu verstehen. Geprägt durch enormen Autoritarismus, Sexismus und Antisemitismus wird hier religiöser Fundamentalismus als Gesellschaftsordnung durchgesetzt – gewaltsam gegen Unpassende und Andersdenkende. Was sich sehr wahrnehmbar und öffentlichkeitswirksam äußert: Von rigorosen Vorschriften für alltägliches Leben, über die Hinrichtungen Homosexueller bis hin zum mörderischen Terror gegen „Ungläubige“.

Dass jedoch gerade Diejenigen die vor vor Allem flüchten in Deutschland für all das verantwortlich gemacht werden, hängt mit dem Rassismus der Deutschen zusammen, die in ihrer Dummheit nicht zwischen Wirkung und Ursache unterscheiden können, oder endlich ein Ventil gefunden haben, gegen alles wahrgenommene Nicht-Deutsche zu hetzen.

In Regensburg ist es uns bisher recht gut gelungen, in breiten Bündnissen gegen die Spitze des rechten deutschen Hegemonieprojektes vorzugehen. So konnte beispielsweise verhindert werden, dass sich ein Pegida-Ableger in der Stadt etabliert. Und auch die rassistische Hetzkampagne gegen Geflüchtete und die versuchte Vereinnahmung feministischer Positionen seitens der Bayernpartei im Frühjahr 2016 blieben nicht unwidersprochen. Jedoch wird das gesellschaftliche Klima auch in der Domstadt rauer, was man beispielsweise an den diffamierenden Artikeln des Wochenblatts, des hiesigen Briefkastenschmierblatts, sehen kann. So führt Chefredakteur Dr. Christian Eckl einen persönlichen Krieg gegen „die Antifa“, beziehungsweise gegen das, was er für „die Antifa“ hält. Es werden Artikel mit Fotos und Klarnamen von vermeintlichen Linken veröffentlicht, eine Vorgehensweise, die sonst nur von Neonazis bekannt war. Es werden Betreiber*innen von Facebookseiten angezeigt, die auf den dilettantischen Journalismus von Eckl hinweisen. Auch bieten die Internetpräsenzen des Schmierblatts sind mit ihren Kommentarspalten eine breite Plattform für allerlei Hatespeech und rechtes Gedankengut, ohne von den Admins gelöscht zu werden. Dieser Entwicklung gilt es weiterhin solidarisch entgegenzutreten und gemeinsam Eckl als das zu benennen, was er ist: Ein chauvinistischer Provinzblatthetzer! Für uns ist damit klar:

#ecklaufnDeckel!

Antifa raus aus dem Abwehrkampf, rein in die Offensive!

Gegen die deutsche Volksgemeinschaft! Gegen Islamismus!
Für den Kommunismus, der Rest ist Mist!