Similis simili gaudet

Durch einen offenen Brief (1) vom Kreisverband “Die Linke Mittlere Oberpfalz” berichteten in den letzten Tagen unterschiedliche Medien (2) von der „Anti-Abtreibungs-Kapelle“ in Pösing (Lk. Cham). Für uns ist das ein Anlass, (extrem) rechte Positionierungen des Bistums Regensburg der letzten Jahre – ausschnittweise – zusammenzufassen und noch einmal deutlich zu zeigen, wie weit rechts sowohl Bischof Voderholzer als auch Generalvikar Fuchs stehen.

Antisemitismus, Shoa-Relativierung, Geschichtsrevisionismus & Antikommunistische Reflexe

In der betreffenden Kapelle, privat errichtet vom radikalen Abtreibungsgegner Franz Graf, wird gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen gehetzt und ungewollt Schwangeren, die sich für eine Abtreibung entschieden haben, Mord vorgeworfen. Wie im radikalen „Lebensschützer“-Milieu teilweise üblich, werden dabei Schwangerschaftsabbrüche mit dem Holocaust gleichgesetzt oder sogar als schlimmer als die Shoa bezeichnet. Das singuläre Menschheitsverbrechen, für das der Name Auschwitz steht, der industrielle Massenmord an Juden und Jüdinnen, werden verharmlost und als ein beliebiges Ereignis dargestellt; eine Form des Antisemitismus. „Der größte Völkermord in der Geschichte. Der legale Kindermord durch Abtreibung. Der „‚Holocaust‘ an ungeborenen Kindern“ und „‚Auschwitz‘ ist heute in unseren Krankenhäusern“ heißt es in der Kapelle.

Statt die Singularität der Shoa einzuräumen, lässt der Pressesprecher des Bistums, Clemens Neck, verlauten: „Im 20. Jahrhundert wurden Menschen massenhaft getötet und diese Verbrechen sollen in ihrer Einzigartigkeit betrachtet werden. Gleich, egal ob das sich jetzt um Taten der nationalen Sozialisten oder der Kommunisten handelt.“ Unabhängig von der jeweiligen Betrachtung der historischen Fakten ist diese Gleichsetzung eine weitere Relativierung. Die Gleichsetzung hält er „persönlich [für] nicht sinnvoll“ und distanziert sich aber damit kein Stück von dieser Shoa-Relativierung (3).

Bei der Eröffnung der Kapelle 2008 hielt Generalvikar Michael Fuchs eine Rede und lobte die Kapelle und ihren Besitzer mehrfach. Dass das Bistum Regensburg mit Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus auffällt, ist nichts neues. Voderholzer bezog sich in der Vergangenheit positiv auf seinen Vorgänger Bischof Rudolf Graber, der Anhänger einer antisemitischen Reichstheologie war und der zur NS-Zeit den „Kampf gegen das Judentum“ nicht nur relativierte, sondern auch legitimierte (4).

Mit Bischof Voderholzer und Generalvikar Fuchs sind im Bistum Regensburg zwei rechtsklerikale Abtreibungsgegner aus dem sogenannten „Lebensschützer“-Milieu, die in der Vergangenheit kein Abrenzungsbedürfnis zur extremen Rechten hatten. Sowohl Voderholzer und Fuchs nahmen in der Vergangenheit am „Marsch für das Leben“ in Berlin teil, eine Demonstration von AbtreibungsgegnerInnen, bei der christliche Fundamentalisten, AntifeministInnen und Personen der extremen Rechten gemeinsam demonstrieren. 2017 sprach Voderholzer dort und relativierte die Verbrechen des Nationalsozialismus mit dem Satz: „Kann man wirklich gleichzeitig Tränen der Rührung vergießen beim Verlesen eines Briefes aus dem Jahr 1943 durch einen Schauspieler mit Down-Syndrom, so geschehen hier neben uns in diesem hohen Hause am 27. Januar 2017, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, und gleichzeitig schweigen über die pränatale Selektion unserer Tage?“ (5). Auch Fuchs baut seine Kritik an Schwangerschaftsabbrüche immer wieder in Reden am Gedenkweg für die Opfer des Faschismus – der alljährlich am 23. April in Regensburg stattfindend – mit ein.

Antifeministische Agitationen

Auch regional sind im Bistum Regensburg Vorderholzer und Fuchs immer wieder als Protagonisten dieses rechten Spektrums aufgefallen. Am Katholikentag 2014 in Regensburg bot das Bistum Regensburg dem Milleu mehrfach Foren. (6) So durfte Birgit Kelle – u. a. Autorin der Jungen Freiheit – für das Bistum ein Sonderformat auf dem Regionalsender „TV aktuell“ moderieren. Für eine Veranstaltung, an der ausschließlich radikale AbtreibungsgegnerInnen – u. a. Christa Meves und Alexander Kissler – teilnahmen, wurde vom Bistum explizit Werbung gemacht. Schon 2013 trat Meves beim Bistum Regensburg auf, bei dieser Veranstaltung wurden offen Homophobie und Frauenverachtung propagiert (7). Im Januar 2019 veröffentlichte das Bistum ein Jugendmagazin mit rechten „WissenschaftlerInnen“ und argumentierte auch hier trans- und homosexuellenfeindlich und antifeministisch (8).

Darüber hinaus darf die monatlich in Regensburg stattfindende „Vigil für die ungeborenen Kinder“ (9), die vom Verein „Helfer für Gottes kostbare Kinder Deutschland e.V.“ organisiert werden, Räume des Bistums Regensburg nutzen. In der Vergangenheit nahm auch Fuchs selbst daran teil. Der Ablauf dieser Veranstaltung ist immer der selbe: Es findet ein Gottesdienst in der Stiftkirche St. Johann am Domplatz statt, danach ziehen die AbtreibungsgegnerInnen in einer Gebetsprozession mit einem Fötus & Mariennbild durch die Innenstadt, um am Castra Regina Center zu beten. Der Ort ist dabei nicht zufällig gewählt, denn das Castra Regina Center ist laut radikalen AbtreibungsgegnerInnen ein „Ort des Todes“, weil dort Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.

Der Verein „Helfer für Gottes kostbare Kinder Deutschland e.V.“ mit Sitz in München wird von Wolfgang Hering geleitet. Dieser organisiert regelmäßig Anti-Abtreibungs-Demonstrationen in München, bei denen in der Vergangenheit auch Neonazis und verurteilte Rechtsterroristen teilnahmen und von denen sich Herings offensiv nicht distanzierte (9). Der Verein selbst führt vor allem Gebetsmärschen und Kundgebungen vor der Beratungsstelle und Kliniken durch und setzen durch sogenannte „Gehsteigberatungen“ ungewollt schwangere Frauen sowie Ärzt_innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, unter Druck und terrorisieren diese.

anita f.

April 2019

(1) https://www.die-linke-mittlere-oberpfalz.de/nc/nachrichten/detail/news/offener-brief/

(2) https://www.buzzfeed.com/de/pascalemueller/bayern-kapelle-abtreibungsgegner-antisemitismus

(3) https://rdl.de/beitrag/der-anti-abtreibungs-kult-cham-bayern

(4) vgl. Werner, Robert (2015): Braune Flecken auf dem Priesterrock.

(5) http://www.bistum-regensburg.de/typo3conf/ext/mediathek_main/uploads/3/170919_Predigt_Marsch_f%C3%BCr_das_Leben.pdf

(6) https://www.regensburg-digital.de/wir-befinden-uns-im-dritten-weltkrieg/02062014/

(7) https://www.regensburg-digital.de/sind-hier-etwa-schwuchteln-anwesend/03042013/

(8) https://www.queer.de/detail.php?article_id=32816

(9) https://www.regensburg-digital.de/maria-voll-der-gnade/02022016/

(10) https://www.aida-archiv.de/2008/10/07/katholischer-bischof-marschiert-mit-rechtsterroristen-durch-muenchen/