2011.11.07 // Aufruf zum antikapitalistischen Block bei der Studiendemo

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Aufruf zum antikapitalistischen Block bei der Studiendemo

Studiengebühren abschaffen, Masterplätze für alle, Ausfinanzierung der Hochschulen und die studentische Mitbestimmung sind die Forderungen, die am 17.11.2011 im Rahmen einer Demonstration für bessere Bildung von den Studierenden gestellt werden. Zu diesen Forderungen stehen wir solidarisch, jedoch schließen wir uns Johannes Agnoli an, der das Problem darin sieht, dass viele Menschen dazu übergegangen sind, Missstände zu kritisieren und Missbräuche zu denunzieren, während es seines Erachtens gerade darauf ankommt, Zustände zu kritisieren und den normalen Gebrauch der Politik zu denunzieren.

Ein objektiver Widersinn liegt darin, dass die Studienproteste die Forderungen an eine Instanz,den Staat, stellen, welcher diese Reformen gegen die Interessen der Studierenden erst durchgesetzt hat.

Dabei ist es keineswegs die Dummheit des Staates, diese durchzusetzen und damit dem “Wissensstandort Deutschland” zu schaden, sondern genau kalkuliertes ökonomisches Interesse, die Ware Wissen noch wirtschaftlicher zu gestalten.

Im Kapitalismus unterwerfen sich die Menschen den Prinzipien der kapitalistischen Verwertung, sie verkaufen ihre Arbeitskraft und konkurrieren darum, sich für Geld knechten zu lassen, um einigermaßen durchs Leben zu kommen. Die Alternative innerhalb des Kapitalismus hierzu ist eine noch weniger zu erstrebende besitzlose Existenz. Aber nicht nur die einzelnen Bürger_innen befinden sich in einem permanenten Konkurrenzverhältnis zueinander, sondern auch der Staat agiert in seiner Rolle als ideeller Gesamtkapitalist und folgt hierbei nur den Zwängen des Weltmarktes. So kämpft auch der Staat in der täglichen Konkurrenz mit den anderen Staaten um einen der vordersten Plätze. Deshalb ist es auch erklärtes Ziel des Staates die Produktivität zu maximieren, denn nur so kann er in diesem Konkurrenzverhältnis bestehen. Dass es hierbei auch einmal unangenehm für seine Bürger_innen wird, lässt sich nicht vermeiden.

Seit der Einführung der Bologna-Reform und den Studiengebühren erleben dies die Studierenden tagtäglich. Die Studiengebühren suggerieren ihnen, dass sie sich anstrengen sollen, ihr Studium möglichst schnell durchzuziehen, denn schließlich kostet ihnen jedes weitere absolvierte Semester aktuell bis zu 500€. Dieses Signal wird noch verstärkt durch die Einführungen der Regel- und Maximalstudienzeit im Rahmen der Bologna-Reform. Die Forderung nach mehr Masterplätzen wird schon deshalb vom Staat nicht durchgesetzt werden, weil es in seinem Interesse liegt, dass der Bachelor die Regel für ein Studium werden soll.

Wenn die Studierenden vom Staat eine „bessere Bildung“ fordern, sollten sie sich klarmachen, was für eine Bildung sie gerade vom Staat bekommen. Diese Bildung ist eben nicht wie idealistisch angenommen, eine Anhäufung von freiem und individuellem Wissen, sondern ein Lernen von Fachwissen. In den staatlichen Institutionen Hochschule/Universität und Schule wird Bildung als Ausbildung der notwendigen Fähigkeiten für die Lohnarbeit und um die Individuen möglichst produktiv und effektiv auf eben diese vorzubereiten, genutzt. So wird schon in der Schule durch Einführung von Noten ein Kriterium geschaffen, welches die Schüler_innen in Konkurrenz zueinander stellt.

Diese Konkurrenz ist im Kapitalismus immanent und zwingt die Menschen permanent in Angst zu leben und gerade diese Angst treibt sie auf die Straße, Angst davor zu den Verlierer_innen einer Gesellschaft zu gehören, in einem System in dessen Logik es liegt, dass es Gewinner_innen und Verlierer_innen gibt.

Die meisten Bürger_innen stimmen dieser Politik auch noch zu und beteiligen sich an ihrer eigenen Zurichtung. Sozialchauvinismus macht sich breit. Die Angst vor der eigenen ökonomischen Überflüssigkeit wird auf „die Anderen“, die „Sozialschmarotzer“ und „Integrationsverweigerer“ projiziert. Dem Staat aber genügt diese vorauseilende Hetze nicht. Er stellt seiner Bevölkerung eine schonungslose Mängelliste aus: Zu alt, zu unflexibel, nicht bereit zum „lebenslangen Lernen“ und bitte weniger Kinder aus den „bildungsfernen Schichten“.

Genau zu diesen „Schichten“ wollen die Studierenden einmal nicht gehören und fordern deshalb Masterplätze für Alle, um ihren gewünschten Abschluss zu erwerben und eine Ausfinanzierung der Hochschulen, um so eine vermeintlich bessere Bildung zu erlangen. Wer solche Forderungen an einen Staat wie Deutschland stellt, der zeigt ihm, dass er_sie gewillt ist in seiner Logik zu handeln.

Gleichzeitig schrecken Teile der Studierendenbewegung nicht vor nationalistischen Argumenten zurück. Parolen wie: „Weg mit den Gebühren – Deutschland will studieren!“ sind dabei keine Seltenheit.

Der stattfindenden Reduzierung der Menschen auf ihre Verwertbarkeit, die sich als Prinzip durch die gesamte kapitalistische Gesellschaft zieht, stellen wir die freie Assoziation der Individuen gegenüber.

Deshalb rufen wir alle Menschen dazu auf sich am 17.11.2011 um 14 Uhr am antikapitalistischen Block innerhalb der Demo der Studierenden zu beteiligen. Denn das schöne Leben gibt es nur fernab von jeglichem Verwertbarkeitszwang, somit kann bessere Bildung für bessere Ausbeutung nicht unser Ziel sein.