2009.10.03 – Aufruf „Fight the nazis“

2009

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Aufruf:

„all invaders must die…“

Am 03.10.2009 wollen Nazis in Regensburg unter dem Motto „Für ein christliches Regensburg und Deutschland – Gegen Moscheebau, Islamisierung und Überfremdung“ demonstrieren.

Damit versuchen sie sich in eine relativ erfolgreiche europaweite rechtspopulistische Bewegung einzureihen, der es in den letzten Jahren gelang Unterstützung bis weit ins bürgerliche Milieu zu mobilisieren.

Neonazistische Gewalt im Zeichen des „Kampfs um die Straße“ wird durch einen bürgerlichen Gestus ergänzt. Nazis und Rechtspopulist_innen treffen sich dabei die vermeintlich unabänderbare und dennoch irgendwie bedrohte eigene Kultur zu verteidigen. In Regensburg versuchen die Demoanmerlder_innen somit ein Thema zu besetzen, das der rechten Bewegung andernorts Aufmerksamkeit und den Einzug in Kommunalparlamente beschert hat.

Um dieses Agitationsfeld zu nutzen, bedarf es einer Anpassung des rassistischen Weltbilds. Doch auch wenn dabei der Begriff der Rasse durch den der Kultur ersetzt wird, bleibt dennoch der Mensch durch die ihm auf Grund seiner Herkunft zugeschriebenen Merkmale bestimmt. Ausbruchsversuch zwecklos. Die Welt der Rassist_innen ist in monolithisch Blöcke geordnet, in der jeder Mensch in einen festen Kulturkreis geboren wird, den er Zeit seines Lebens nicht verlassen kann.

„Der Islam kommt aus dem Orient und da gehört er hin!“

Die Vermischung der Kulturen steht dabei für den eigenen kollektiven Untergang und als Konsequenz wird jede Migrant_in alleine durch ihre Existenz als Gefahr für das gesamte Abendland wahrgenommen. Zu dessen Erhaltung müssen also „fremde kulturelle Einflüsse“ beseitigt werden, d.h. letztlich die Migrant_innen selbst. Somit übernimmt „Kultur“ die gleiche Funktion wie „Rasse“. Weggefallen ist im Rechtspopulismus der pseudo-naturwissenschaftliche Duktus von der überlegenen „Rasse“, was sich in einem vereinten Europa, welches sich immer häufiger gemeinsam am Weltmarkt behaupten muss, als vorteilhaft herausstellt. Mit dem ideologischen Konstrukt „christliches Abendland“ lässt sich da vortrefflich ein gemeinsamer europäischer Abwehrkampf gegen den Islam inszenieren.

Gedanklich verwandt mit dem Rechtspopulismus ist der Kulturrelativismus. Bei diesem wird das Fremde auch im eigenen Land beklatscht, solange es den Zauber vom Märchen aus Tausendundeiner Nacht bewahrt und nicht als ökonomische Konkurrenz daherkommt. Falls das dann doch einmal geschieht, kommen integrative Strategien wie Schäubles Islamkonferenz ins Spiel, in der die Migrant_innen beweisen dürfen welchen wirtschaftlichen Mehrwert sie mir Ihrer Kultur für Deutschland auf dem Weltmarkt bringen. Befreiung von religiösem Zwang ist auch hier nicht vorgesehen, stattdessen wartet der staatliche Islamunterricht.

„run with the wolves…“

Doch mit scheinbar aufgeklärten integrativen Konzepten hat die Demo in Regensburg nichts zu tun. Während der Titel schon klar macht, dass es bei der Veranstaltung nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung [mit dem Islam/mit der Ideologie des politischen Islam in Deutschland] geht, sondern um rassistische Hetze, unterstreicht das Spektrum der aufrufenden Gruppen diesen Verdacht. Den Veranstalter_innen geht es um „Überfremdung“ und weder um eine Kritik am Zustand des Islam und seiner Anhänger_innen noch um dessen Domestizierung.

Dass Nazis kein Problem mit dem Islamismus als politisch-sozialem Projekt und seinen wirklich bekämpfenswerten Ausprägungen, wie etwa dem bis ins Groteske übersteigerten patriachalen Ehrenkodex, den Racketstrukturen, dem Antisemitismus und dem Antiamerikanismus, haben, erkennt man an deren punktueller politischer Zusammenarbeit. Nazis jubeln, wenn in Israel Jüd_innen durch palästinensische Selbstmordanschläge ermordet werden, beglückwünschen islamistische Terroristen zu ihren gelungenen Anschlägen gegen das World Trade Center und fahren zu Holocaustleugnerkonferenzen nach Tehran. Nazis und Islamist_innen haben ihre gemeinsamen Feindbilder im Kommunismus, der Aufklärung, dem Materialismus und dem Individualismus gefunden.

Auch der politische Islam als reaktionäre Ideologie versucht dem Individuum die Gestaltung seiner eigenen Zukunft zu verwehren. Der Mensch wird in die Verhältnisse hinein geboren, von denen er sich nicht emanzipieren kann. Unterwerfung ist alles.

„warriors´ dance…“

Emanzipation des Menschen ist also nur gegen die Rekrutierung im Namen von christlichem Abendland sowie Islamismus zu haben.

Jeglicher Ideologie, die dem Individuum die Möglichkeit verwehrt, sich gegen als natürlich gesetzte Werte zu entscheiden, ist der Kampf anzusagen.

[anita_f] 2009