2008.08 // Text „Heimatliebe stays Herzensangelegenheit“

Offensives Werben mit dümmlichen Ressentiments verspricht Erfolg in Deutschland, denn Heimatliebe ist eine Herzensangelegenheit. Besondere Überhöhung kommt ihr in Zeiten zu, in denen die Deutschen wieder einmal panisch feststellen, dass sie von allen Seiten bedroht sind, nämlich von der sogenannten „Amerikanisierung“: die deutschen Medien, die deutsche Kultur, das deutsche Sozialsystem und sogar die deutsche Sprache wird unterwandert und zersetzt. Die heile Welt und idyllische Gemeinschaft des „kleinen deutschen Mannes“ und der „kleinen deutschen Frau“ wird bedroht, und zwar von „oben“, insbesondere von „außen“, hauptsächlich von „den Mächtigen“.
Dem Maskottchen des VDS Regensburg, Irene Liefländer, die sich selbst mit beeindruckender Penetranz zu jeder Gelegenheit als die Behüterin des „deutschen Sprachgärtleins“ darstellt, die mit rührselig-unschuldigen Bambiblick „von unten“ gegen „die Mächtigen“, die das Kollektiv bedrohen ankämpft, kann sich dabei der Sympathien des Regensburger Pöbels sicher sein.
Entsprechend empört fielen die Leserbriefe aus, nachdem die Mittelbayerische Zeitung am 11.Juli 2008 im Regensburger Lokalteil Auszüge aus unserer Pressemitteilung zum Verein Deutscher Sprache abdruckte. Weil wir die Realsatire niemanden vorenthalten wollen, haben wir die Highlights im Folgenden noch einmal aufbereitet.

Dabei eine ernsthafte Auseinandersetzung mit unserer Kritik zu erwarten, verkennt den Unwillen der von unbestimmtem, zornigem Bauchgefühl getriebenen Regensburger Spracheugeniker.
Zuerst wehrte sich Irene Liefländer mit schlagenden Argumenten, Antiamerikanismus und Nationalismus könne es im VDS nicht geben, denn: „Das ist lächerlich, wir sind eine Bürgerinitiative mit 30.000 Mitgliedern.“ (vgl. MZ vom 12.07.2008)
Als Weekend-Wissenschaftlerin weiß Frau Liefländer genau, dass eine Vereinigung direkt proportional mit ihren Mitgliedern auch an Antifaschismus gewinnt, denn was alle für richtig halten, kann niemals falsch sein, das galt auch schon vor 70 Jahren.

Unter der Überschrift „Ist eine Unverschämtheit“ erschienen am 19.07.2008 in der MZ die ersten Leserbriefe. Zunächst sollten Lehrstunden darin erteilt werden, was sauberer deutscher Antikapitalismus und saubere deutsche Geschichtsschreibung denn eigentlich bedeuten:
„(…) Werbefachleute argumentieren: Mit englischen Begriffen verkauft´s sich besser. Liebe Antifaschisten: Ihr traut nicht der Kraft euerer Argumente, sondern ihr traut der kapitalistischen Verkaufsstrategie?! Wer hätte das gedacht? (…)
Man muss als Kritiker nicht mitteilen, dass ein deutscher Sprachschutzverein 1940 verboten wurde. Aber mit diesem Wissen, das Werben um eine gute, ausdrucksstarke deutsche Sprache heute mit der Ideologie in Verbindung zu bringen, die Auschwitz ermöglichte, das trägt schon pathologische Züge. Auf diese kranke Idee muss man erst einmal kommen. (…)
In Wirklichkeit geht es um Krawall (…)“ (Rainer Pawelke in der MZ vom 19.07.2008)

Was haben wir gelernt?
Lektion #1: Die deutsche Sprache ist an sich antikapitalistisch, weil sie den finsteren Plänen von Verkaufsstrategen quasi natürlich entgegensteht, während Englisch dezidiert prokapitalistisch ist.
Lektion #2: Der „Allgemeine Deutsche Sprachverein“, der sich 1933 selbst als „die SA unserer Muttersprache“ bezeichnete, war selbst eigentlich zutiefst antifaschistisch und Opfer der Nazis. Durch besonders widerständiges Verhalten fiel dieser immer wieder auf; z.B. klagte dieser darüber, dass Konzentrationslager nicht Sammellager hießen, obwohl das doch viel schöner gewesen wäre. Die Schließung des Vereins 1940 durch die genervte Naziprominenz, ist Beweis für das widerständige und selbstlose Engagement des Sprachschutzvereins.
Lektion #3: Wer im Kontext von Blut und Boden, bzw. heute deutsche Sprache und deutsches Volk, deutsche Identität und deutsche Heimatverbundenheit an Auschwitz denken mag, der ist „krank“, also geistig minderwertiges Leben und will sowieso nur Krawall machen.

In seinem Frieden gestört fühlte sich auch Rüdiger Baumgärtner durch die rotzfreche Antifa:
„Den Verein Deutsche Sprache mit seinen 30000 Mitgliedern der Deutschtümelei und des Anti-Amerikanismus zu bezichtigen, kann nur einem einfallen, für den jeder, der auch nur ansatzweise etwas Positives mit dem Begriff „Deutschland“ oder hier „deutsche Sprache“ verbindet, sofort den Faschisten zuzurechnen ist. (…)
Quält man sich durch die Internet-Seiten der Antifa-Gruppierungen, dann kommt man schnell dahinter, wer die eigentlichen Gegner dieser Gruppierungen sind: es sind alle, die so „faschistische Werte“ wie Recht und Gesetz, Polizei, Arbeit, Ordnung, Behörden und Staat verkörpern. In den „song texten“, die hier zu finden sind, findet man dann auch den entsprechenden englischen Wortschatz dieser Leute wie „fuck police“, „the cops are just like Hitler?s Third Reich“ usw. Die Schulen werden als „Bildungs-KZ der Gegenwart“ bezeichnet, und wer einem nicht passt, dem schlägt man eben „die Fresse weich“.“ (Rüdiger Baumgärtner in der MZ vom 19.07.2008)

Das dichotom denkende Gehirn des Rüdiger Baumgärtner ist geübt in der Zielansage der Volkszersetzer. Diese mit Anglizismen um sich werfenden, empörten Jugendlichen drängen sich ihm förmlich auf, da bleibt schnell außen vor, dass sie mit den Kritikern sehr wenig gemein haben.
Bleibt nur noch sich in die frevlerischen Tiefen des Weltnetzes einzuklinken, diesem Joch der Sprachverschmutzung, um das Ressentiment mit exemplarisch dummen Phrasen zu belegen.
Doch zum Glück gibt es ja Arbeit, Ordnung, Staat und nationale Identität mit der sich das verängstigte Individuum schön über die eigenen Unzulänglichkeiten und narzisstischen Kränkungen hinwegtrösten kann.
Das erspart ihm somit letztendlich, die Genese des eigenen Wahns und der Dummheit der anderen durchschauen zu müssen.

Am 22. Juli 2008 folgten erneut Leserbriefe, u.a. folgender:
„Unsere Sprache ist der unentbehrliche Kitt unserer Gesellschaft: sozial, politisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich, kulturell. Sie ist nicht Teil unserer Identität, sondern die Identität selbst. Und deren Pflege sollte nationalistisch sein?
P.S.: Ich bin auch Antifaschist, wenn auch nicht Anti-f. Daher mein freundschaftlicher Rat: Erst denken, dann sprechen.“ (Horst Michael Hanika in der MZ vom 22. Juli 2008)
Wo Sprache mit Identität gleichgesetzt wird und apodiktische Behauptungen als Argumente herhalten müssen, da ist der sog. „Deutsche Antifaschist“ nicht weit. Und der ist so deutsch, dass man sich mit dem Rest der Volksgemeinschaft schnell gegen alle Nestbeschmutzer verbündet.

In der Sehnsucht nach der friedfertigen Idylle mit überschaubaren Problemen, wird zwangsläufig immer auch das Bild derjenigen vermittelt, die als gemeinschaftsfremde Störer gebrandmarkt werden, welche es zu suchen, zu jagen und wenn möglich zur Strecke zu bringen gilt.
So lamentierte selbst noch in der Wochenendausgabe der MZ vom 2./3. August 2008 eine Barbara Junghans über die impertinente Feigheit der Anonymität; die Vorstellung wir würden uns der aktiven Beschränktheit des Regensburger Heimatschutzes ausliefern, mochte ihr gefallen.
Aus der Erkenntnis, dass mit dem deutschen Pöbel nicht zu Spaßen ist, schon gar nicht, wenn es um dessen Substanz geht, ist die Privatheit jedoch, welche sich die Akteure von anita f. soweit möglich gönnen, nicht nur Trotz gegenüber den Sozialkontrolleuren der Provinz, sondern berechtigte Notwendigkeit um dem gemeinen deutschen Pack die Suche einem neunen Opfer für ihre aufdringliche Stupidität zumindest zu erschweren.

Bleibt zu hoffen, dass dieser sprachhygienische Heimatschutz seine intellektuelle Bedeutungslosigkeit beibehält. Sollte er darüber hinaus durch den Impact der World Economy in alle Lebensbereiche endgültig abgefuckt werden, gibt es zusätzlich Anlass zur Party und zum Dancen.

Quellen:
Jeweils im Lokalteil für Regensburg der „Mittelbayerischen Zeitung“ vom

11.07.2008 – „Anti-Amerikanisch“: Antifa greift die Sprachschützerin an
12.07.2008 – Für eine vielgestaltige Völkergemeinde
19.07.2008 – „Ist eine Unverschämtheit“
22.07.2008 – „Sprache: Das einzige Kulturgut das allen gehört“
02./03.08.2008- Die Aktivisten der Antifa sollen sich erst informieren!