2006.09.02 // Kundgebung/Demo gegen den Wikingerversand

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Für Samstag den 02.09.2006 rief das „Bündnis gegen Rechts Straubing“ zu einer Kundgebung in das niederbayrische Dorf Geiselhöring im Kreis Straubing-Bogen.

Die Kundgebung richtete sich gegen die im 6.500 Seelendorf gelegene „Wikinger GmbH“ von Siegfried Birl. Der ehemalige Landesvorstand der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) unterhält dort neben seinem Ladengeschäft das auch als Treffpunkt der rechten Szene dient sowie dem Geschäftszweig „Wikinger-Computer“ auch und vor allem den „Wikingerversand“.

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Dieser ist einer der größten und wichtigsten Versände der rechtsextremen Szene in Deutschland. Über einen Onlineshop wird alles verkauft was das Neonaziherz höher schlagen lässt. So befinden sich neben Unmengen an CD’s aller relevanten Rechtsrockbands und Liedermacher auch Bandmerch, Kleidung, Bücher, Fahnen, Accessoirs, Heidenutensilien und vieles mehr im Sortiment. Ob nun das Parfüm mit Namen „Nationalist“ oder Unterwäsche mit eindeutigen Aufdrucken wie „88“ oder dem Logo der Rechtsrockband „Skrewdriver“ – Im Onlineshop ist alles zu finden und auch politisch klar verortet.

Trotz einem durch Leichtsinn und Bequemlichkeit verschuldeten „Hackerangriff“ bei dem die persönlichen Daten von knapp 2000 KundInnen veröffentlicht wurden ist der Ruf von Birl in der Szene unbeschädigt. Dies zeigen die Verankerung im auch politisch aktiven Teil der Szene, die gerne besuchten „Sonderverkäufe“ und nicht zuletzt der durchschnittliche Monatsumsatz des „Wikingerversandes“ von ca. 40.000 €. BestellerInnen aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Schweden, der Schweiz sowie Spanien und Tschechien bescheren Birl eine Menge Arbeit so dass dieser auch Vollzeitarbeitsplätze schaffen konnte. Nach neuen Arbeitskräften suchte er beispielsweise über das dem Onlineshop angegliederte „Wikingerforum“, in welchem sich Neonazis aus ganz Deutschland tummeln.

Sowohl der Versandhandel als auch das Ladengeschäft tragen zur Herstellung einer neonazistischen Erlebniswelt bei. So trifft mensch sich bei den „Sonderverkäufen“ und schließt bei Bier und Brotzeit Kontakte, tauscht Material aus und deckt sich mit dem neusten Musik- und Lifestylematerial ein. Durch den Versandhandel werden Rechtsextreme und Neonazis weit über die Grenzen Bayerns hinaus mit identitätsstiftender Kleidung, menschenverachtender Musik und NS- verherrlichenden Materialien ausgestattet.

Grund genug für Antifaschistinnen und Antifaschisten den „Winkinger“ nicht weiter in Ruhe seine Geschäfte machen zu lassen. Nach seit längerem gut betriebener Pressearbeit, Briefkastenverteilungen und einem Infostand durch lokale Antifagruppen sowie das „Bündnis gegen Rechts“ fand vergangenen Samstag eine Kundgebung in Geiselhörig statt.

Zur Kundgebung geladen hatte das „Bündnis gegen Rechts“, gekommen sind die „Linkspartei“, die „Grünen“, die „SAV“, die „Jusos“, die „FDP“, „VVN-BdA“ sowie zahlreiche autonome AnitfaschistInnen. Es gab diverse Infostände, musikalische Begleitung durch eine lokale Band sowie verschiedenen Redebeiträge.

Auch wegen die Unterstützung durch die Kampagne „nazis unplugged“ kann die Kundgebung mit ca. 130 TeilnehmerInnen als Erfolg gewertet werden. Sowohl die TeilnehmerInnenzahl als auch die Wahrnehmbarkeit in der Ortschaft übertrafen die Erwartungen welche im Voraus in die Kundgebung gesetzt wurden. Die Kundgebung verlief weitgehend störungsfrei. Der dilettantische Versuch mehrer Möchtegern „Anti-Antifas“ aus der Region Nürnberg (u. a. Fred Ballschuh) TeilnehmerInnen der Kundgebung zu fotografieren konnte erfolgreich verhindert werden.

Im Anschluss an die Kundgebung starte eine Spontandemo mit ca. 100 TeilnehmerInnen, welche aufgrund der geringen Polizeipräsenz sowie deren Unfähigkeit mehrmals unbehelligt durch die Ortschaft und am „Wikingerversand“ vorbeiziehen konnte. Die gutgelaunte und selbstbewusste Demo vermittelte durch Parolen und Transparente Ihre Inhalte und Forderungen.

Dass antifaschistische Präsenz in der Region absolut notwendig ist zeigte sich schon am frühen Vormittag, als etwa 6 Neonazis – unter ihnen Norman Bordin und Sascha Roßmüller – einen Infostand am Straubinger Stadtplatz errichteten um für die rechtsextreme NPD die Werbetrommel zu rühren. Die provokative Hetze der Nazis rief schnell einige Antifaschistinnen und Antifaschisten auf den Plan. In der resultierenden Auseinandersetzung – welche sehr schnell handfeste Formen annahm – wurde der NPD-Stand zum Teil abgedeckt.

Nachdem Sascha Roßmüller die Polizei zu Hilfe rief, verteilten sich die anwesenden Antifas wieder in der Stadt. Insgesamt wurden in den darauffolgenden Minuten 18 Personen vorläufig festgenommen. Drei der Jugendlichen wurden bei einer Gegenüberstellung als vermeintliche „Gewalttäter“ identifiziert. Ihnen drohen nun Verfahren wegen des Vorwurfs der „gefährlichen Körperverletzung“ und des „Verdachts auf Landfriedensbruch“.

Solidarisches Verhalten mit jedem einzelnen Angeklagten ist nun gefragt; Antifaschistischer Widerstand ist nicht kriminell, er ist notwendig.

Sowohl die Kundgebung als auch die Demonstration können als Erfolg betrachtet werden. Und eines ist sicher, an diesen erfolgreichen Auftakt werden sowohl Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der Region als auch die Kampagne „nazis unplugged“ anknüpfen.

 Nazis unplugged – Rechten Strukturen den Saft abdrehen!

Entnazifizierung vorantreiben – Wikingerversand dichmachen – Birl enteignen

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Presseartikel: