Nach längerem hin&her fand die NPD-Bayern am Grieß/ „Rockzipfel“ ein ideales Fleckchen für ihr „rechtes Mega-Konzert“. Stellte mensch sich in anderen Städten quer (Vorkaufsrecht von Gelände, spontane Anmeldung eines Volleyballturniers gegen Rassismus, etc.), schien die Regensburger Stadtspitze sich nicht mit der NPD anlegen zu wollen und überlies ihnen kampflos das perfekte Gelände: jeglicher Protest konnte vom staatlichen Sicherheitsdienst leicht verhindert werden, das NPD-Fest fand somit mitten in Regensburg (und nicht am Stadtrand, wie einige Medien fälschlicher Weise behaupten) statt, in einer Umgebung, so schön wie es sich die NPD, deren erstes Zielobjekt ein hässliches Grundstück in Cham war, wohl nicht erträumt hatte.
Der Regensburger OB Hans Schaidinger erntete bereits im Vorfeld heftige Kritik für sein „feiges“ Verhalten von politischer Prominenz (Christian Ude – OB München, Charlotte Knobloch – Präsidentin des Zentralrats der Juden, Michel Friedman – Publizist) ebenso wie von RegensburgerInnen, insbesonders von den BewohnernInnen des Grieß, die das geschehen am Samstag nicht fassen konnten und zwischen Wut und dem Gefühl der Ohnmacht schwankten.
Die Behauptungen des OBs, dieses Fest seie wegen der Meinungsfreiheit nicht zu verbieten, die Stadt würde aber den NPDlern durch „strenge Auflagen“ das Fest so unangenehm wie möglich machen, sind schlichtweg Irreführung der Bevölkerung. Angemeldet wurde das Fest als normale politische Versammlung – deren Verbot in der Tat nicht leicht zu erwirken ist; dass aber diverse Sondergenehmigungen erteilt wurden (auf Ausschankgenehmigung, Hüpfburg, Toiletten, Eintrittskarten, etc. besteht kein einklagbarer Rechtsanspruch) steht den „besonders strengen Auflagen“ gegenüber. In einer Stadt in der „jedes Kindergartenfest strengeren Auflagen unterliegt“, so eine Regensburgerin gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung, stellt sich die Stadtspitze durch ihre Behauptungen als politisch unfähig dar. So zählte zu den besonders strengen Auflagen auch, dass die Veranstaltung um 22.00 Uhr beendet seien soll – ein Zeitlimit, welches nahezu jeder Open-Air-Veranstaltung (ausgenommen davon sind nur einige wenige konsumorientierte Feste) in der Domstadt obliegt.
Aber Hans Schaidinger erntet nicht ausschließlich Kritik. Der Neonazi Sascha Roßmüller (NPD-Landesvize Bayern) fand durchweg nur positive Worte für den Regensburger OB: so lobt der NPDler den CSUler weil er sich nicht instrumentalisieren hätte lassen und durch den Verzicht auf rechtliche Schritte die „kommunalen Finanzen geschont“ hätte. Roßmüller denke auch darüber nach, am 27. September (an diesem Tag plant die Stadt eine Demonstration gegen jeden Extremismus) mit einer eigenen Demonstration präsent zu sein.
Aber nicht nur die Regensburgstadtspitze sorgte für einen reibungslosen Festablauf: die Firma „Myway“ ( http://www.myway-management.de/index.x4) aus Riesa lieferte die Bühne und Technik, die Gesellschaftsbrauerei Viechtach (www.vit-online.de/brauerei) kümmerte sich um die durstigen Nazikehlen. Einzig und allein der erste Klohäuschenlieferant versetzte die NPD. Hätten die Kameraden nicht noch in letzter Minute über das Internet Ersatztoiletten gefunden, hätte sich das Fest nicht nur um 35 Minuten verzögert, sondern wäre ganz ausgefallen.
Die grünen und schwarzen „Freunde und Helfer“ sorgten bereits am Tag zuvor für die Sicherheit des Nazivolksfestes. Bereist Nachmittags waren die Absperrgitter am „Rockzipfel“ aufgestellt und PassantInnen wurden geflissentlich kontrolliert und durch Platzverweise am Betreten des Geländes gehindert.
Da alle bei den Vorbereitungen und der Durchführung zusammenhielten konnten am Samstag ca. 630 Neonazis sich und ihre Gesinnung feiern. Von der anderen Uferseite aus (für die die Polizei auch fleißig Platzverweise erteilte) betrachtet hätte das Fest ein wirklich nettes Familienfest seien können, hätten nicht Redner wie Leichsenring (parlamentarischer Geschäftsführer der NPD-Landtagsfraktion Sachsen), Peter Marx (stellvertretender NPD-Parteivorsitzender) und Sascha Roßmüller ihre geistigen Ausfälle, von einer Bühne aus, die mit einer Iran- und einer schwarz/weiß/roten Fahne „geschmückt“ war, durch das Mikrofon geplärrt. Auch hätte der Liedermacher Edei und Konsorten überhört werden müssen, wie auch die „Braunen Brüder“ (aus Wunsiedl), „Burning Hate“ etc. „Racewar! Racewar! White Solution!“ und ähnliche Textzeilen trübten die Idylle doch so sehr, dass sich wohl kaum jemand von dem Euphemismus „Sommerfest“ einlullen ließ.
Widererwarten konnten sich die Neonazis nach der Veranstaltung sowie den ganzen Tag über frei in der Stadt bewegen, allerdings schien die Stadt ab ca. 23.00 Uhr Nazi und Polizei frei zu sein. Im Verlauf des Tages wurden 30 Nazis festgenommen
Kein Platz für Neonazis
Dem Wunsch Schaidingers, die RegensburgerInnen mögen doch zu Hause bleiben um die Nazis nicht durch Proteste aufzuwerten, gingen viele glücklicher Weise nicht nach. Zunächst beteiligten sich laut Polizei bis zu 1000 Personen an der Kundgebung „Aufstehen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ am Neupfarrplatz, zu der die Jusos und viele andere Gruppen aufriefen. In der Zeit von 11.00 bis 13.00 Uhr kamen u.a. Thomas Goger (Juso-Landesvorsitzender Bayern), der Zeitzeuge Martin Löwenberg (VVN) und Paolo ([anita_f.]) als Sprecher der „Changing Weather“-Kampagne zu Wort. Weiter waren auch RednerInnen des DGB, der SPD, der WASG, der IG BAU und ein Schriftsteller zu hören
Im Anschluss bildete sich auf Einladung von RESI e. V (erste gemeinnützige Schwulen- und Lesbengruppe in Bayern) ein antifaschistischer Block auf der Christopher Street Day Parade, der sich kurz vor Ende abspaltete und als Spontandemonstration zur Kundgebung am Donaumarkt zog. Diese Veranstaltung wurde von BI Asyl im Namen von verschiedenen Unterstützergruppen angemeldet. Unter dem Motto „Kein Platz für Neonazis“, lieferte die Kundgebung auch die Möglichkeit, die bayernweite Kampagne „nazis unplugged“ zu eröffnen und vorzustellen. Redebeiträge gab es u.a. von Nazis unplugged, NS-Verherrlichung stoppen, Siegfried Stoiber (Die Linkspartei), der SJD-Die Falken. Das ganze wurde musikalisch von den Regensburger Bands Roidich, Sleim (legendäre Slime-Coverband) und Empty Trashcan Being Kicked unterstützt, die trotz der Hitze so manchEn zum tanzen brachten und wohl mehr rockten als die Polizei erlauben wollte – die aber niemand beeindrucken konnten und mit ihrer „Selbstgefälligkeit“ abblitzten.
Zu erwähnen wäre noch, dass die Stadt Regensburg der Anmelderin ankündigte, dass der Strom für diese Veranstaltung sehr teuer werde, jedoch konnte durch freundliche Hilfe unkompliziert Ersatz gefunden werden.
Bei vielen RegensburgerInnen regt sich nun der Wunsch aktiv zu werden, die Stadt zur Rede zu stellen und bereits jetzt damit zu beginnen, eine Wiederholung dieses Neonazifestes – die NPD prahlt mit „Wir sind gekommen und zu bleiben“ – zu verhindern.