Busfahrt / Kundgebung
Zur verschwörungsideologischen Demonstration am 29.08.2020 in Berlin wurde erneut eine Busanreise aus Ostbayern, im Verbund mehrerer ostbayerischer verschwörungsideologischer Gruppierungen, organisiert. Auch in Regensburg fuhren in diesem Kontext Busse ab.
Screenshots Telegram
Während die Anmeldung zur ersten Busfahrt dieser Art vor einem Monat per E-Mail über die Struktur „denkMal.“ lief, gab es diesmal eine Anmeldemaske auf der Seite des Passauer Vereins „Für die Freiheit 2020“. Koordiniert wird die Fahrt über das Busunternehmen Eckerl Reisen GmbH aus Büchlberg (Lkr. Passau).
Es riefen auch zahlreiche extreme Rechte zur Teilnahme an der Demonstration auf, lokal teilte der Regensburger AfD-Vorsitzende Erhard Brucker (Regensburg) beispielsweise einen Videoaufruf von Björn Höcke.
Am Rande der offiziellen Demonstrationen hatten am Samstagabend etwa 300 bis 400 Demonstrant:innen die Absperrgitter am Reichstagsgebäude in Berlin überwunden, stürmten die Treppe hoch und bauten sich einige Minuten lang lautstark vor dem verglasten Besuchereingang auf, bevor die Polizei sie wieder zurückdrängte. Es wurden viele schwarz-weiß-rote Reichsflaggen geschwenkt.. Auch der Neonazi Jakob Haas (Lappersdorf, Lkr. Regensburg) und Nicole Glässner (Regensburg) waren unter dem Mob. Haas hatte zudem auch eine schwarz-weiß-rote Fahne dabei.
Die Gruppe denkMal veröffentlichte einige Tage darauf auf Facebook und Telegram eine Bilderstrecke. Dort ist eine breite Palette an verschwörungsideologischen und extrem rechten Positionen vertreten: von den Qanon-Chiffren „Q“ und „WWG1WGA“ bis hin zu Reichsbürger-Jargon (Reichsflaggen, „Freiheit, Souverän, Friedensvertrag“), sind außerdem homophobe (ähnlich wie Corona sollen auch die „Homoehe“ und die „Mann-Frau-Gleichmacherei“ eine Lüge sein) und zur Gewalt aufrufende Bilder dokumentiert. Ein Beispiel gefällig? „Wir sind gekommen, um sie [die Regierung, die Eliten, die …] zu vertreiben“. Es wird bewusst offen gelassen wer sie sind, die vertrieben werden sollen und damit fügt sich immer besser zusammen, was zusammen gehört. Ein von (strukturellem) Antisemitismus durchzogenes Weltbild, gepaart mit diffusen Ängsten, die auf alles und jeden projiziert werden, der nicht in die eigene ideologische Blase passt.
Screenshots Facebook
Dennoch stellt sich die Frage: Warum veröffentlichen denkMal, die ihre Positionierung im Sinne der extremen Rechten seit ihrer Gründung vehement bestreiten, diese Bilder, und machen sich damit gemein mit Reichsbürgern, extremen Rechten und dergleichen mehr?
Man sieht, dass sich der Zusammenschluss immer tiefer in die verschwörungsideologischen Abgründe gräbt und – anders als behauptet – mittlerweile bei lupenreiner Reichsbürgerideologie angekommen ist. In einem vor der Demonstration in Berlin am 29.08. veröffentlichten Text fordern sie:
„Grundgesetze stärken, Neuwahlen sind ganz nett, was wir jedoch wollen ist ein absoluter Neubeginn. Wir fordern folgendes:
– Einen Friedensvertrag (hat Merkel bereits öfter angeboten bekommen, aber immer abgelehnt)
– Mit dem Friedensvertrag erhalten wir eine gültige Verfassung
– damit erhalten wir die hoch geschätzte Souveränität.
– Das Politsystem hat ausgedient und kann verabschiedet werden.“
Die Radikalisierung die denkMal. in den letzten Monaten vollzogen hat ist erschreckend. Es scheint sich mittlerweile ein geschlossenes ideologisches System gefestigt zu haben, in dem sich die BRD nach wie vor im Kriegszustand befindet und ihre Bewegung in einer Art Erlöserkult die historische Aufgabe hat, diesen Zustand durch einen radikalen Umsturz zu überwinden. Die globale Corona-Pandemie dient dabei längst nur noch als Vorwand.
Was die Beweggründe für die Bilder angeht: Naivität, die man ihnen wohlwollend unterstellen könnte, ist es wohl nicht. Im Gegenteil, die Verschwörungsideolog:Innen von denkMal. scheinen dem Reichsbürgerkult so überzeugt anzuhängen, dass sie ihre eigene Widersprüchlichkeit nicht mehr erkennen können. Damit sollten sie als das behandelt werden was sie sind: ein Teil der extremen Rechten.